„Paradise Papers“: EU will härter gegen Steueroasen vorgehen

Brüssel (APA/Reuters) - Die EU-Kommission und einige Mitgliedsländer der Europäischen Union versuchen nach den jüngsten Enthüllungen den Dru...

Brüssel (APA/Reuters) - Die EU-Kommission und einige Mitgliedsländer der Europäischen Union versuchen nach den jüngsten Enthüllungen den Druck auf Steueroasen zu erhöhen. Die Brüsseler Behörde stellte am Dienstag EU-Staaten wie die Niederlande wegen der dort erlaubten Steuertricks an den Pranger. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire brachte daneben die Kürzung von Geldspritzen für Steueroasen ins Spiel.

Ein Möglichkeit wäre etwa, den in Steuersachen nicht kooperativen Staaten die Hilfen durch Institutionen wie der Weltbank oder dem Internationalen Währungsfonds zu kappen, sagte er in Brüssel. Die Idee wurde auf einem Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel diskutiert, stieß aber zunächst nur auf ein verhaltenes Echo.

Das Thema Steuervermeidung gewann nach den Enthüllungen der „Süddeutschen Zeitung“ zu den sogenannten Paradise Papers über die Strategien von Reichen und Unternehmen an Brisanz. Neben Le Maire sprach sich auch sein deutscher Amtskollege Peter Altmaier für die Einführung einer schwarzen Liste von Steueroasen aus: „Es ist ein wichtiges Vorhaben.“ Die weiteren Schritte sollten im Dezember beschlossen werden.

Die EU-Länder beraten seit Monaten über die Einführung einer Liste von Ländern, die Steuertrickser unterstützen. Bisher legen die Mitgliedsstaaten unter ganz unterschiedlichen Kriterien eigene Listen an.

Die „Paradise Papers“ sorgen auch innerhalb der Union für Streit. Der SZ zufolge soll der Sportartikelriese Nike einen Teil der Gewinne in den Niederlanden konzentriert haben, um mit Hilfe eines Steuer-Konstrukts die Abgaben zu drücken. „Das niederländische Modell ist verboten nach unseren Regeln“, sagte EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici. Nike sagte der Zeitung, man halte sämtliche Steuerauflagen ein.

Die EU untersagte solche Modelle wie das in den Niederlanden voriges Jahr. Die Mitgliedsstaaten müssen die Vorgaben bis 2019 in nationales Recht umsetzen. Nach Aussagen eines EU-Vertreters steht der Schritt in den Niederlanden bislang aus.

Hart Durchgreifen kann die EU-Kommission gegen den Willen der Mitgliedsstaaten aber nicht. Die Hoheit über die Steuern liegt in den einzelnen Hauptstädten, nicht in Brüssel. Der Umstand ist auch in den EU-Verträgen verankert. Änderungen an der Steuergesetzgebung sind extrem schwierig. „Dafür brauchen wir Einstimmigkeit, da müssen alle Mitgliedsstaaten einverstanden sein“, sagte der luxemburgische Finanzminister Pierre Gramegna.

Dem deutschen Staatssäckel entgehen wegen der Gewinnverlagerungen durch Großkonzerne in Steuerparadiese Experten zufolge jährlich rund 17 Milliarden Euro an Steuereinnahmen. Diese Zahl errechnete der Wirtschaftswissenschaftler Gabriel Zucman für die SZ. Bezogen auf die EU gehe es um etwa 60 Milliarden Euro im Jahr. Deutschland leide unter den Steuersparpraktiken besonders. Hier könnten die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer um fast ein Drittel höher liegen, wenn solche Gewinnverschiebungen unterbunden würden.