Gabriel zieht ein Jahr nach Trumps Wahl negative Zwischenbilanz
Berlin/Washington (APA/AFP) - Ein Jahr nach der US-Präsidentschaftswahl zieht der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel eine negative Bilanz...
Berlin/Washington (APA/AFP) - Ein Jahr nach der US-Präsidentschaftswahl zieht der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel eine negative Bilanz der bisherigen Amtszeit von Donald Trump. „Es ist bitter zu sehen, wie das Land der Moderne nun zu einem Land der Anti-Moderne gemacht werden soll“, schreibt Gabriel in einem Gastbeitrag für die Zeitungen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (Mittwochausgaben).
„Nationalistisch statt weltoffen, egoistisch statt am Wohl aller interessiert“ sei Trumps Politik, kritisierte der scheidende deutsche Außenminister. „Ausgerechnet Amerika, das uns in Deutschland und in Europa seit dem Ende des II. Weltkrieg vor dem Rückfall in die reaktionären Zeiten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert bewahrt hat, wird nun selbst von einer reaktionären Politik geführt.“
Trump begreife „die Welt als Kampfarena, in der nicht die Stärke des Rechts, sondern das Recht des Stärkeren gilt“, kritisierte Gabriel. Das Vakuum, das die USA in der liberalen Weltordnung hinterließen, werde von anderen weitaus autoritäreren politischen Ideen gefüllt werden. So sei „das derzeit einige Land auf der Welt, das über eine langfristige Geostrategie verfügt, China - mit ganz anderen Ansprüchen auf Demokratie, Menschenrechte und Freiheit“.
Die Deutschen allein würden dieses Vakuum nicht füllen können. „Deshalb müssen wir auch um die USA kämpfen“, mahnte der SPD-Politiker. Er kritisierte, dass bei Trump Außenpolitik keine eigene Rolle mehr „im Sinne einer globalen Verantwortung der USA für die liberale Weltordnung, für Frieden oder für die Bewältigung der großen Menschheitsbedrohungen wie dem Klimawandel oder dem Hunger auf der Welt“ spiele. Der US-Präsident verfolge nur noch konsequent seine Wiederwahl.
Auch der deutsche Justizminister Heiko Maas übte scharfe Kritik an Trumps Amtsführung. „Unter der Präsidentschaft von Donald Trump haben die Vereinigten Staaten ihre Rolle als politische und moralische Führungsnation des Westens verloren“, schrieb er in einem Gastbeitrag für die „Heilbronner Stimme“ (Mittwochsausgabe). Das liege auch an „Trumps Doppelmoral“, der einerseits gegen Zuwanderer und Muslime Stimmung mache und andererseits hinsichtlich der Gewalt weißer Extremisten tatenlos bleibe.
Maas kritisierte überdies, dass offenbar „nur noch alte Männer, die nichts mehr zu verlieren haben“, wie Ex-Präsident George Bush oder Senator John McCain den Mut hätten, Trump zu kritisieren. „Dieser Mangel an Protest anständiger Konservativer ist ebenso besorgniserregend wie Trump selbst“, schrieb Maas.