Finanzieller Dämpfer vor dem Saisonstart im Eiskanal
Der Bob- und Skeleton-Weltcup in Lake Placid (USA) wird von schlechten Eisbedingungen beeinträchtigt. Die heimischen Athleten gehen ab morgen zudem nicht sorgenfrei in den anstehenden Olympia-Winter.
Von Günter Almberger
Lake Placid — Das Leben als Bobfahrer in Österreich ist alles andere als einfach. Das musste kürzlich wieder einmal Christina Hengster am eigenen Leib erfahren. Eigentlich hätte die Axamerin Ende Oktober die Reise nach Korea antreten sollen, um dort die letzten Trainingsfahrten vor den Olympischen Spielen in Pyeongchang im kommenden Februar zu unternehmen. Doch dieser Plan wurde kurz vor der Umsetzung über den Haufen geworfen. „Die Reise ist im letzten Moment geplatzt. Ich hätte aus finanziellen Gründen nur eine Bremserin und einen Betreuer mitnehmen dürfen. Da habe ich die Reißleine gezogen, denn das wäre ein sportlich wertloses Unterfangen gewesen. Und nur als ,Touristen' hinzufahren, dafür hätten wir zu viel Geld auf den Kopf gestellt", findet Hengster klare Worte. Bob-Nationaltrainer Manfred Maier schlägt in die gleiche Kerbe: „So kann man einfach nicht arbeiten!"
Für die EM-Dritte der abgelaufenen Saison ist dieses „Korea-Dilemma" inzwischen abgehakt. Stattdessen konnte Hengster im bayrischen Königssee einige Trainingsfahrten einschieben. Dabei fiel auch die Entscheidung, mit welchem Schlitten die 31-Jährige beim morgigen Weltcup-Auftakt am Start steht. „Ich konnte ein neues Modell der Firma Wallner testen. Das hat mir enormen Spaß bereitet, aber mich auch fahrerisch weitergebracht. Die schnelleren Zeiten habe ich allerdings immer mit meinem bisherigen Bob ,Betsy the Beast' erzielt. Darum fiel die Entscheidung auf unser eingefahrenes Gefährt", erklärt Hengster.
In Lake Placid ist für die Tirolerin alles möglich. „Weil die hohen Temperaturen dem Eis zugesetzt haben, wurden einige Trainings abgesagt. So fehlen mir die notwendigen Fahrten in diesem schwierigen Eiskanal. Hier gibt es 20 Kurven, da sind 20 Fehler möglich", schmunzelt die Polizei-Sportlerin.
Die angesprochenen Eisbedingungen wirbelten das Wettkampf-Programm der Herren bereits durcheinander: Ein Vierer-Rennen gibt es in Lake Placid nicht, dafür zwei im Zweier. Und ausgerechnet im kleinen Schlitten sind die Erwartungen bei Benjamin Maier nach einem Sturz im Training gedämpft, der neue Bob (aus der eigenen Tasche finanziert) wurde beim Crash ordentlich ramponiert. „Benjamin hat es ordentlich durchgeschüttelt. Durch eine Trainingsabsage am Montag hatten wir zumindest Zeit, den Bob wieder auf Vordermann zu bringen", weiß Trainer-Vater Manfred Maier zu berichten.
Die mit Spannung erwartete Premiere im neuen Vierbob (Listenpreis 115.000 Euro) muss auf Park City verschoben werden, wo die Lake-Placid-Rennen nachgetragen werden. Finanziert wurde das dringend benötigte Gerät über ein Materialprojekt des Österreichischen Olympischen Komitees. Der Vorgänger war nach neun Jahren am Ende ...
Flock: „Da fehlt der Respekt und mir das Verständnis"
Es könnte alles so einfach sein, ist es aber nicht. Die finanziellen Probleme des Bob- und Skeleton-Verbandes (ÖBSV) bekommen die Athleten vor dem Weltcup-Auftakt in Lake Placid immer deutlicher zu spüren. „Der Verband hat uns das Taggeld gestrichen, wir müssen uns in den USA das Essen selbst bezahlen. Da fehlt der Respekt und mir absolut das Verständnis", lässt Skeleton-Ass Janine Flock Dampf ab. Das kleine rot-weiß-rote Skeleton-Team fühlt sich im Stich gelassen. ÖBSV-Boss Roman Schobesberger war in dieser Causa für die TT gestern nicht erreichbar.
Die Verbands-Streitigkeiten können die Laune von Flock nur bedingt beeinträchtigen. Kein Wunder, denn in Lake Placid fühlt sich das rot-weiß-rote Skeleton-Aushängeschild spätestens seit seinem Weltcup-Sieg mit Bahnrekord im Vorjahr pudelwohl. Trotzdem lässt sich eine gewisse Anspannung bei der Rumerin nicht verbergen. „Nachdem einige Trainingsläufe den widrigen Wetterumständen zum Opfer gefallen sind, ist es noch schwieriger zu sagen, wie man im Vergleich zur Konkurrenz steht. Jeder hält sich bedeckt. Ich bin vor dem Auftakt neugierig und gespannt, wo ich mich einordnen kann", sagt die 28-Jährige.
Prognosen will die Tirolerin keine abgeben — ganz im Gegensatz zu Nationaltrainer Michael Grünberger. „Wir wollen nicht ergebnisorientiert arbeiten, die Ergebnisse sollen von alleine kommen. Dennoch spekuliere ich mit einem Podestplatz. Die Zeichen stehen günstig", zeigt sich der Coach optimistisch. Lediglich bei Fahrlinie und Materialeinstellung gebe es noch Kleinigkeiten zu adaptieren. „Janine ist eine sensible Athletin. Da gilt es, behutsam vorzugehen", weiß Grünberger. Aus diesem Grund hat sich Flock auch für ihr altes Modell entschieden. Mit dem neuen Untersatz in die Olympia-Saison zu gehen, wäre für sie „ein zu großes Risiko" gewesen.
Mit dem bewährten Material nahm die Heeressportlerin vergangene Woche am Trainingskurs auf der Olympiabahn in Pyeongchang teil. „Eine Erkältung hat mich leider gehandicapt. Die Erfahrungen, die ich dort machen konnte, waren im Hinblick auf die Spiele enorm wichtig", betont die Olympia-Neunte von Sotschi.
Nicht in Korea dabei war Matthias Guggenberger. Nach seiner OP am rechten Knie (Knorpelfraktur) im April ist der Innsbrucker gerade wieder rechtzeitig fit für den Weltcup-Auftakt. „Mir wurde ein Zylinder aus dem Unterschenkelknochen entfernt und im Oberschenkel eingesetzt. Ich fühle mich inzwischen ganz okay, bin aber noch nicht bei 100 Prozent", verrät der 33-Jährige. (alm)