Neue Bücher aus Ungarn: „Der letzte Zar“, „Das Ende“, „Stumme Wiesen“

Wien (APA) - **...

Wien (APA) - **

„Der letzte Zar“ - György Dalos über den Untergang des Hauses Romanow

Vor hundert Jahren übernahmen die Bolschewiki in Russland die Macht. Von den Mitgliedern des Herrscherhauses Romanow wurden letztendlich 18 umgebracht und 46 ins Exil gezwungen. Zar Nikolaj II., seine Frau Alexandra und ihre gesamte Familie wurden von einem Kommando der Tscheka ermordet. „Das, was mit dem Zarenpaar und seinen Kindern in der Nacht vom 16. auf den 17. Juli 1918 in Jekaterinenburg geschah, lässt bis heute dem russischen historischen Gedächtnis keine Ruhe“, schreibt György Dalos in der Einleitung zu seinem Buch „Der letzte Zar“.

Der Verteufelung von „Nikolaj dem Blutigen“ von der einen Seite und der Kanonisierung als Märtyrer von der anderer Seite versucht der 2010 mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnete Autor und Historiker eine ausgewogene, historisch fundierte, lebendige Darstellung des Geschehens gegenüberzustellen. Im ausführlichen Beleuchten der Vorgeschichte wird auch das fortwährende politische Versagen der Romanow-Dynastie deutlich. Dazu kommt, dass sich Nikolaj II. nach seiner Thronbesteigung 1894 als schwacher Herrscher erweist, der mehr auf den Wanderprediger Rasputin als auf seine Berater hört. Als der letzte Zar zu Reformen ansetzt, ist es zu spät.

(György Dalos: „Der letzte Zar. Der Untergang des Hauses Romanow“, C.H.Beck, 232 Seiten, 23,60 Euro, ISBN 978-3-406-71367-5; Lesung und Gespräch im Rahmen der Buch Wien: 9.11., 19 Uhr, Republikanischer Club, Wien 1, Rockhgasse 1, 10.11., 11.30 Uhr, in der Messe Wien)

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„Das Ende“ - Künstlerroman voll Kälte und Einsamkeit

Nach „Die Ruhe“ nun „Das Ende“: 12 Jahre nach der deutschen Übersetzung seines gerühmten letzten Romans („Schöner hat lange niemand mehr von der Düsternis erzählt“, hieß es in der „Frankfurter Rundschau“) ist nun auch das Opus magnum des 49-jährigen ungarischen Autors und Fotografen auf Deutsch erschienen, ein Werk, „das mit unerbittlicher Genauigkeit von erotischer Abhängigkeit, Lüge und Erpressung erzählt“.

Im Zentrum des Künstlerromans steht András Szabad, der in einer ungarischen Kleinstadt aufwächst und nach dem Tod der geliebten Mutter mit dem Vater nach Budapest zieht. Er entdeckt das Fotografieren. Die Kamera wird seine Leidenschaft, nie lässt er sie los, sie bestimmt zwischen Teleobjektiv und Weitwinkel sein Verhältnis zur Umgebung. Kälte und Einsamkeit bestimmen die Erinnerung an sein Leben.

(Attila Bartis: „Das Ende“, Aus dem Ungarischen von Terézia Mora. Suhrkamp, 752 Seiten, 32,90 Euro, ISBN: 978-3-518-42763-7; Lesungen und Gespräche im Rahmen der Buch Wien: 9.11., 19 Uhr, Österreichische Gesellschaft für Literatur, Wien 1, Herrengasse 5, 10.11., 12 Uhr und 15.30 Uhr in der Messe Wien)

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„Stumme Wiesen“ - Geschichte eines verlorenen Dorfes

„Stumme Wiesen“ ist ein weiteres Buch aus dem kleinen Wiener Nischen Verlag und der zweite Roman der in Pécs lebenden 41-jährigen Schriftstellerin und Journalistin Tibor Noé Kiss, die auch schon als Zeitungsausträgerin und Fußballtrainerin für Jugendliche aus sozial schwachen Familien jobbte. Ihr erster Roman „Inkognito“, ihr Bekenntnis zu ihrer Transsexualität, erschien 2010.

Das Buch ist keine leichte Lektüre. „Stumme Wiesen“ ist die Geschichte eines verlorenen Dorfes in der ungarischen Tiefebene, mit Menschen, die scheinbar wenig Geschichte und noch weniger Zukunft haben. Mit viel verstecktem Humor und sehr viel Mitgefühl erzählt Kiss vom Alltag ihrer Helden, die nur deshalb bleiben, wo sie geboren wurden, weil sie anderswo auch keine Perspektive haben. Literarische Momentaufnahmen eines Lebens abseits jeglicher Sozialromantik.

(Tibor Noé Kiss: „Stumme Wiesen“, Übersetzt von Eva Zador, Nischen Verlag, 160 Seiten, 19 Euro, ISBN: 978-3-9503906-5-0, Lesung und Gespräch im Rahmen der Buch Wien: 12.11., 15 Uhr, in der Donau Lounge der Messe Wien)