Spiel mit hohem Risiko in Riad

Riad (APA/AFP) - Mit der Festnahme einiger der reichsten und mächtigsten Männer Saudi-Arabiens geht der Kronprinz ein hohes Risiko ein. Offi...

Riad (APA/AFP) - Mit der Festnahme einiger der reichsten und mächtigsten Männer Saudi-Arabiens geht der Kronprinz ein hohes Risiko ein. Offiziell werden die Festnahmen mit Korruptionsermittlungen begründet, doch sehen Beobachter darin einen Versuch des ehrgeizigen Thronfolgers Mohammed bin Salman, Kritiker und Rivalen kalt zu stellen.

Diese Zentralisierung der Macht in seinen Händen bricht mit dem bisherigen konsensbasierten System in Saudi-Arabien und droht, bei vielen Prinzen für Unmut zu sorgen.

„Die Herrschaftsstruktur, die in den vergangenen Jahrzehnten errichtet worden war, wird in ein stärker zentralisiertes monarchisches System umgewandelt“, sagt Jane Kinninmont vom Politikinstitut Chatham House der Nachrichtenagentur AFP. Mit den Festnahmen dutzender Politiker und Geschäftsleute am Wochenende breche der Kronprinz, bekannt als MBS, mit dem bisherigen Regierungsmodell.

Der Kronprinz hatte schon vor Monaten gewarnt, dass weder Minister noch Wirtschaftsmogule vor Korruptionsermittlungen sicher seien. Doch in einem Land, in dem Korruption weit verbreitet ist, vermuten viele Beobachter andere Motive hinter den Festnahmen. „Die Anti-Korruptionsaktion trifft Leute, die als potenzielle Quelle des Widerstands gegen die Projekte von MBS gesehen wurden“, sagt Kinninmont.

Unter den Festgenommenen, die im Luxushotel Ritz Carlton in Riad inhaftiert sein sollen, ist Prinz al-Waleed bin Talal, der zu den reichsten Männern der Welt zählt. Auch den Besitzer des Senders MBC, Waleed al-Ibrahim, den Bauunternehmer Bakr bin Laden und den Milliardär Saleh Kamal hat es getroffen. Zudem wurde der mächtige Kommandant der Nationalgarde, Prinz Miteb bin Abdullah, abgesetzt.

Der erst 32-jährige Kronprinz hat eine Reihe tief greifender Reformen angekündigt, um das Königreich zu modernisieren und von der Abhängigkeit vom Erdöl zu befreien. So will er Frauen erlauben, Auto zu fahren und Stadien zu besuchen, auch wenn sie in vielen anderen Fragen weiter die Erlaubnis ihres Ehemanns brauchen. Zudem will MBS statt des erzkonservativen Wahhabismus einen „moderaten Islam“.

Zuletzt stellte er ambitionierte Pläne für eine futuristische Stadt voller Roboter und selbstfahrender Autos vor. Um sie zu realisieren, benötigt er Investitionen aus dem Ausland, da wegen des Ölpreisverfalls die Einnahmen Saudi-Arabiens deutlich zurückgegangen sind. Die Festnahme von Geschäftsleuten wie Prinz al-Waleed könnte aber Investoren verunsichern, warnen die Analysten von Mirabaud Securities.

Statt Allianzen zu schmieden, gehe der Kronprinz mit „eiserner Hand“ gegen Opposition vor, um seine Macht zu festigen, sagt James Dorsey von Singapurs S. Rajaratnam School of International Studies. Sein Vorgehen werfe Fragen zu seinem Reformkurs auf. Statt durch Konsens versuche der Thronfolger einseitig den Gesellschaftsvertrag des Königreichs neu zu schreiben.

Es ist fraglich, ob alle Prinzen dieses Vorgehen widerspruchslos hinnehmen werden. Nachdem der Kronprinz im Juni bereits den bisherigen Thronfolger Mohammed bin Najef verdrängt hatte, setzte er nun auch den mächtigen Prinzen Miteb al-Abdullah ab, der selbst als möglicher Thronfolger galt. Solche dramatischen Veränderungen würden zwangsläufig auf Widerstand stoßen, warnt Kinninmont.