Agrokor-Krise: Ex-Chef Todoric kam in London gegen Kaution frei
Zagreb/London (APA) - Der geflüchtete Gründer des überschuldeten kroatischen Konzerns Agrokor, Ivica Todoric, der am Dienstag in London fest...
Zagreb/London (APA) - Der geflüchtete Gründer des überschuldeten kroatischen Konzerns Agrokor, Ivica Todoric, der am Dienstag in London festgenommen wurde, kann seine Auslieferung an Kroatien auf freiem Fuß bekämpfen. Er wurde gegen Kaution von 100.000 Pfund (rund 113.600 Euro) noch am gleichen Tag freigelassen. Die nächste Anhörung vor einem Londoner Gericht ist laut kroatischen Medien für 10. April 2018 angesetzt.
Der mit europäischem Haftbefehl wegen Korruption gesuchte Tycoon hat sich am Dienstag freiwillig der Londoner Polizei gestellt. In einer Gerichtsanhörung widersetzte sich Todoric der Auslieferung an Kroatien, wie die Medien berichteten. Der Richter ließ ihn gegen Kaution gehen, er musste jedoch seinen Pass abgeben und muss eine elektronische Fußfessel tragen.
Zudem darf der Agrokor-Eigentümer die britische Hauptstadt nicht verlassen und muss sich dreimal pro Woche in einer Polizeistation melden. Auch seine Ehefrau, die sich ebenfalls in London aufhält, musste ihren Pass abgeben. Sie darf jedoch reisen, wenn sie ihre Rückkehr mit einem Rückflugticket beweist, berichteten die kroatischen Medien.
„Das ist heute ein kleiner Sieg, aber dennoch ein großer“, sagte Todoric am Dienstagabend beim Verlassen des Gerichts vor Kameras kroatischer Fernsehsender. Er habe vor Gericht nicht die Gelegenheit gehabt, um zu betonen, dass er politisch verfolgt werde, erklärte Todoric. Er kündigte aber an, dass die Öffentlichkeit von ihm bald „viel hören“ werde.
Später meldete sich Todoric wieder über seinen Blog, auf dem er schon bisher alle Vorwürfe zurückgewiesen und die kroatische Regierung beschuldigt hat, einen politischen Prozess gegen ihn zu führen. „Ich werde weder zulassen, dass ich mit einem politischen Dekret ohne Gerichtsprozess verurteilt werde, noch dass man mich zum Schweigen bringt. Was ich zu sagen habe, stört offenbar diejenigen, die mir mein Eigentum weggenommen haben“, schrieb Todoric.
Er betonte, dass er sich deswegen in London befinde, weil seine Menschenrechte „schwer verletzt“ worden seien. „Ich habe das Recht, mich gegen Lügen und Konstrukte zu wehren, mit denen ich als jemand dargestellt werde, der die Gesetze gebrochen hat. Das stimmt nicht, was ich beweisen werde“, fügte er hinzu.
Das Gericht in London lässt sich Berichten zufolge für die Entscheidung über die Auslieferung mehr Zeit, als das mit dem Europäischen Haftbefehl vorgesehen ist, wie der Privatsender N1 am Mittwoch berichtete. Nach EU-Recht muss innerhalb von 60 Tagen über die Auslieferung entschieden werden, in Ausnahmefällen kann die Frist um weitere 30 Tage verlängert werden. Das Gericht habe aber gefunden, dass die Frist von 60 Tagen nicht real sei, um die relevante Dokumentation zu sammeln, weil es sich um einen umfangreichen Fall handle, so der Sender. Diese muss dem Gericht nun bis Anfang März vorgelegt werden.
Die kroatischen Behörden haben seit mehr als zwei Wochen international nach Todoric gefahndet. Dem einst mächtigsten Geschäftsmann des Landes, der über Jahrzehnte den in der gesamten Balkanregion mit Abstand größten Lebensmittel- und Handelskonzern aufgebaut hat, wird u.a. Bilanzfälschung und Untreue vorgeworfen. Zusammen mit ihm werden auch 14 weitere frühere Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder beschuldigt, mindestens 130 Mio. Euro aus Agrokor auf Privatkonten umgeleitet zu haben.
Nachdem der angeschlagene Großkonzern im Frühjahr unter staatliche Kuratel kam, um ihn vor einem drohenden Konkurs zu retten, wurden in den Bilanzen massive Unregelmäßigkeiten in der Buchführung aufgedeckt. Der Konzern soll mit rund 7,7 Mrd. Euro verschuldet sein.