Salzburger Festspiele 2018: „Passion, Ekstase und Leidenschaft“ 1

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Salzburg (APA) - „Passion, Ekstase und Leidenschaft“ sollen die Salzburger Festspiele 2018 prägen. Das ist der Grundgedanke des Programms, das Intendant Markus Hinterhäuser am Mittwoch präsentierte. Mit „Die Zauberflöte“, „Salome“, „Pique Dame“, „Poppea“ und „The Bassarids“ gibt es fünf Opern-Neuinszenierungen, das Schauspiel zeigt zwei Roman-Dramatisierungen, „Penthesilea“, „Die Perser“ und den „Jedermann“.

Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler zeigte sich „ziemlich dankbar“, dass der Anspruch des Intendanten, Salzburg zu einem „Epizentrum des Besonderen“ zu machen, in seiner ersten Saison 2017 eingelöst werden konnte, und „ziemlich aufgeregt vor der nächsten Saison“. Für diese sind 60,81 Mio. Euro budgetiert, zu denen die öffentliche Hand insgesamt 16,8 Mio. Euro beiträgt. 2018 sind 224.054 Karten aufgelegt. Die Preisspanne bewegt sich zwischen 5 und 450 Euro. Die Salzburger Festspiele 2018 werden in den 42 Tagen zwischen 20. Juli und 30. August an 18 Spielstätten 206 Aufführungen anbieten.

„Im letzten Jahr haben wir uns mit Fragen der Macht beschäftigt“, sagte Hinterhäuser. „Das wollen wir weiterführen.“ Diesmal stünden allerdings Werke im Mittelpunkt, bei denen „Passion, Ekstase und Leidenschaft“ die wesentlichen Kraftfelder einer Macht darstellten, „die von ganz woanders herkommt und das fragile Gleichgewicht der Welt in Unordnung bringen könnte. Henzes ‚Bassariden‘ handeln das Thema wahrscheinlich am weiträumigsten ab.“

Immer wieder gibt es im Programm den Rückgriff auf antike Stoffe, auf die Tragödie, in der das Abgründige und Obsessive manifest wird. „Die Kunst kennt keine Moral. Sie vermag es, das Tragische in wortreiche Poesie und tönende Raserei zu verwandeln. Gerade in der Tragödie manifestiert sich die Größe des Menschen - und seine Fallhöhe“, heißt es dazu im von Kunstwerken Cy Twomblys geschmückten Programmbuch.

Nur auf den ersten Blick scheine die „Zauberflöte“ in diesem Kontext fremd zu sein, sagte Hinterhäuser. „Für mich funktioniert sie aber im Zusammenhang mit all diesen Stücken wie eine Art Mikroskop, das alle Kräfte bündelt. Deshalb steht sie auch am Anfang.“ Lydia Steier habe ihn 2015 bei den Wiener Festwochen mit ihrer Inszenierung des Händel-Oratoriums „Jepphta“ sehr beeindruckt. Mittlerweile ist die US-Regisseurin mit österreichischen Wurzeln zur „Regisseurin des Jahres“ gekürt worden. Steier wird die „Zauberflöte“ im Großen Festspielhaus aus der Perspektive der drei Knaben inszenieren. „Die Erfahrungswelt dieser Kinder wird eine zentrale Perspektive dieser Inszenierung ausmachen“, sagte der Intendant und fügte schmunzelnd hinzu: „Das wird meine ganz persönliche Zauberflöten-Prüfung“. Constantinos Carydis dirigiert nach Mozartmatineen erstmals eine Festspiel-Oper und leitet dabei die Wiener Philharmoniker. Bariton Matthias Goerne singt den Sarastro, Albina Shagimuratova die Königin der Nacht. Bruno Ganz wird die eingefügte Rolle eines Erzählers übernehmen.

Richard Strauss‘ „Salome“ ist für Hinterhäuser „noch immer das absolut schockierendste Stück der ganzen Operngeschichte“. In der Felsenreitschule, die bei der Aufführung eine große Rolle spielen wird, inszeniert Romeo Castellucci, der wie andere Regisseure in einem bei der Bauprobe aufgenommenen Video ein wenig von seiner Konzeption verriet: „Die Inszenierung wird zunächst vor allem versuchen, sich von einigen Stereotypen dieser Figur der Salome zu befreien. (...) Es wird eine ‚minimale‘ Salome sein. Es ist eine Salome, die durch Weglassen wirken wird.“ Franz Welser-Möst dirigiert die Wiener Philharmoniker, Asmik Grigorian, die im vergangenen Jahr als Marie in „Wozzeck“ begeisterte, übernimmt die Rolle der Salome.

Peter I. Tschaikowskis „Pique Dame“ ist als Ersatz-Produktion für die abgesagte Wiederaufnahme der „Aida“ aus dem Vorjahr innerhalb von zwei Wochen aufgestellt worden. Dass Anna Netrebko im kommenden Sommer die „Aida“ nicht mehr singen werde, habe man gewusst - dass Riccardo Muti jedoch aus privaten Gründen nicht mehr Oper in Salzburg dirigieren wolle, „hat uns auf dem falschen Fuß erwischt“, sagte der Intendant. Mit Hans Neuenfels als Regisseur und Mariss Jansons als Dirigent der Wiener Philharmoniker gebe es im Großen Festspielhaus aber „eine sehr schöne und aparte Paarung“, sagte Hinterhäuser, den der Applaus der Festspielfreunde für Neuenfels bei der gestrigen Programmpräsentation überrascht und gefreut hat: „Diese 17 Jahre Verbannung oder Karenz nach der ach so skandalisierten ‚Fledermaus‘ scheinen also neutralisiert zu sein.“ Neuenfels habe sich jedenfalls „unendlich gefreut“ über die Anfrage.

Claudio Monteverdis „L‘incoronazione di Poppea“ ist nach der halbszenischen Variante des Vorjahres nun als Inszenierung von Jan Lauwers im Programm. Dies habe „mit dem Gesamtzusammenhang zu tun“, so der Intendant: „Ich wüsste nicht, warum man eine Inkubationszeit für ein Werk erklären sollte, wenn man es halbszenisch aufgeführt hat.“ Die letzte szenische Festspiel-Aufführung sei 1992 gewesen, unter Nikolaus Harnoncourt, der das Werk „ein fantastisch unmoralisches Stück“ genannt habe. Das gemeinsame Projekt von Lauwers und seiner Needcompany sowie Dirigent William Christie und Les Arts Florissants legt den Fokus auf den menschlichen Körper und die physische Präsenz der Sänger. Lauwers verspricht „die schönste ‚Poppea‘, die man je gesehen hat“ und betonte die Aktualität des Themas: „Das zeigt, dass wir nichts aus der Geschichte lernen.“

Mit Hans Werner Henzes 1966 in Salzburg uraufgeführter und von „Die Bakchen“ inspirierter Oper „The Bassarids“ setzt Hinterhäuser seine Linie fort, große Werke neu zu überprüfen. „Die Machtergreifung des Dionysischen, des Hedonistischen über eine Ordnung ist da schon gewaltig, und Henze ergreift nicht Partei“, betonte der Intendant, der sich verwundert zeigte, dass wie Castellucci auch Regisseur Krzysztof Warlikowski in Wien mit Ausnahme der Festwochen noch nie Oper inszeniert habe und auch bei den Salzburger Festspielen als Opernregisseur debütiere. Neue, interessante Regisseure zu bringen sieht er als Generallinie der ersten beiden Jahre seiner Intendanz.

Das Opernprogramm wird mit der Wiederaufnahme von Rossinis „L‘Italiana in Algeri“ mit Cecilia Bartoli in der Titelrolle von den Pfingstfestspielen sowie mit zwei konzertanten Opern ergänzt: Als Hommage an Gottfried von Einem anlässlich seines 100. Geburtstages ist seine 1953 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführte Oper „Der Prozess“ zu hören. HK Gruber dirigiert das ORF-Radiosymphonieorchester Wien in der Felsenreitschule. Placido Domingo, Javier Camarena, Stanislav Trofimov und Festspieldebütantin Aida Garifullina sind die Besetzung für „Les Pêcheurs de perles“ von Georges Bizet im Großen Festspielhaus. „Da dürfen wir ruhig zugeben, dass dies auf Wunsch von Placido Domingo ins Programm gekommen ist“, sagte Rabl-Stadler. „Ihn jedes Jahr hier zu haben, ist eine Gnade des Schicksals.“