Frankreichs Finanzminister pocht auf Eurozonen-Reform

Berlin (APA/Reuters) - Ungeachtet kritischer Stimmen aus Deutschland und anderen EU-Staaten hält Frankreich an seinen ehrgeizigen Reformplän...

Berlin (APA/Reuters) - Ungeachtet kritischer Stimmen aus Deutschland und anderen EU-Staaten hält Frankreich an seinen ehrgeizigen Reformplänen für die Eurozone fest. Der Währungsraum müsse auch einen Finanzrahmen für Investitionen und Hilfen für angeschlagene Euro-Staaten erhalten, sagte Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire am Mittwoch auf einer „Handelsblatt“-Konferenz in Berlin.

Le Maire trifft sich in Berlin auch mit dem Parteichef der FDP, Christian Lindner, Grünen-Chef Cem Özdemir sowie dem geschäftsführenden Finanzminister Peter Altmaier.

Die Eurozonen-Reformen gehören auch in den Jamaika-Sondierungsgesprächen zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen zu den umstrittenen Punkten. Le Maire warnte, dass Stillstand in der Eurozone Rückschritt bedeute. Es gebe jetzt eine einzigartige Gelegenheit, eine „Boom-Zeit“ für Deutschland, Frankreich und die EU einzuläuten. Dazu müsse aber etwa die Eurozone sattelfester gemacht werden und die Europäer müssten geeint und nicht naiv auftreten, um ihre Interessen gegenüber den USA und China durchzusetzen.

Deutsch-französische Arbeitsgruppen sollten nach Le Maires Vorstellung die Reformen jetzt im wöchentlichen Rhythmus vorantreiben. Der französische Finanzminister warnte vor Stereotypen in der Debatte. Die Regierung von Präsident Emmanuel Macron sei fest entschlossen, in den kommenden fünf Jahren die Schulden und das Haushaltsdefizit Frankreichs zurückzuführen. Niemand in Paris habe die Erwartung, dass Europa die nötigen Reformen in der Arbeitslosenversicherung oder im Bildungssystem in Frankreich durchführe. „Wir werden das EU-Defizitverfahren hinter uns lassen“, sagte er mit Blick auf das nach wie vor hohe Haushaltsdefizit. Niemand müsse zudem Angst haben, dass Frankreich Deutschland für seine Schulden und Probleme zahlen lassen wolle, fügte Le Maire angesichts entsprechender Warnungen etwa aus der FDP hinzu.

Bei den Jamaika-Sondierungen hatte sich bereits gezeigt, dass es parteiübergreifenden Widerstand gegen ein Eurozonen-Budget gibt. Die FDP deutete aber bereits an, dass sie etwa ihren Widerstand gegen die Weiterentwicklung des Euro-Rettungsmechanismus in einen Europäischen Währungsfonds aufgeben könnte. Le Maire warb erneut für einen Geldtopf innerhalb der Eurozone, aus dem Investitionen bezahlt werden sollten. Dies könne auch die Bereiche Forschung und Bildung betreffen. Die französische Regierung glaube, dass zudem ein Unterstützungsinstrument für angeschlagene Euro-Staaten innerhalb der Eurozone sinnvoll sei. Denn die Finanzkrise habe gezeigt, dass es alle betreffe, wenn ein Euro-Land in Probleme gerate. Ein solcher „Schock-Absorber“ wird in Berlin aber skeptisch gesehen.

Bei der Weiterentwicklung der Eurozone sei es als erster Schritt wichtig, die Banken- und Kapitalunion zu vollenden, sagte Le Maire. Er wisse, dass dies angesichts der Vorbehalte etwa der Sparkassen und des Bundestages in Deutschland schwierig sei. Man müsse aber die Probleme etwa angesichts des unterschiedlichen Konkurs-Rechts in beiden Ländern überwinden und bis Jahresende zu einer gemeinsamen deutsch-französischen Lösung zur Körperschaftssteuer kommen. In Deutschland gibt es Bedenken gegen eine gemeinsame europäische Haftung etwa bei den Bankeneinlagen.

Le Maire forderte zudem erneut einen Euro-Finanzminister und eine parlamentarische Kontrollinstanz für die angedachten Eurozonen-Instrumente innerhalb der Währungsunion. Über einen Euro-Finanzminister solle man aber erst am Ende der Reformen reden, nicht schon zu Beginn.