Transitbremse soll gegen alle Widerstände halten
Blockabfertigung, Korridormaut, Alpentransitbörse – bis 2030 soll der Lkw-Transitverkehr halbiert werden. Wirtschaftskammer warnt die Regierung.
Von Manfred Mitterwachauer
Innsbruck –Gas geben und gleichzeitig bremsen. Wer das im eigenen Auto probiert, wird schnell feststellen: So richtig weiter geht da nichts. Die schwarz-grüne Regierung will dieses Kunststück trotzdem schaffen und in der Transitfrage letztlich auch die Europäische Union bewegen. Nämlich dazu, den freien Warenverkehr zum Schutz der Bevölkerung und Umwelt weiter einzuschränken.
LH Günther Platter (VP) und die für Verkehr zuständige LHStv. Ingrid Felipe (Grüne) bekräftigten in der gestrigen Fragestunde des Landtages erneut das Bündel an Maßnahmen, um den Lkw-Transitverkehr über den Brenner bis zum Jahre 2030 um – aus heutiger Sicht – die Hälfte auf eine Million Fahrten zu verringen. Für 2017 werden rund 2,2 Millionen Fahrten erwartet. Dazu will man bei den verkehrsbeschränkenden Maßnahmen aufs Tempo drücken. Die Blockabfertigung habe sich bewährt und soll wieder eingesetzt werden. Das nächste Mal bereits am 9. Dezember. Eine einheitliche Korridormaut von München bis Verona auf Tiroler Preisniveau (rund 88 Cent/km) soll ebenso helfen. Der Infrastrukturausbau laufe (Brennerbasistunnel). Die Nutzung der Rollenden Landstraße (RoLa) soll von 250.000 auf 300.000 Lkw/Jahr steigen, der Combi-Verkehr (Container auf Schiene) verdoppelt werden. Zentrales Steuerinstrument soll aber eine Alpentransitbörse werden – der marktwirtschaftliche Handel mit Durchfahrtzertifikaten ermögliche die Schaffung einer Lkw-Obergrenze, heißt es.
Gegen alle Widerstände will die Regierung das Paket Zug um Zug durchsetzen. Notfalls gegen die EU und die Bayern. „Die Blockabfertigung wird EU-rechtlich halten, die Korridormaut ist machbar“, warb Platter. Die Obergrenze werde geprüft: „Es kann nicht sein, dass die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied besser gestellt wird als Mitgliedstaaten.“ Dort sollen ab 2018 nur noch 650.000 Lkw-Fahrten zulässig sein. Auch wenn der Weg für eine Transitbörse noch ein langer ist – Felipe hält viel von diesem Instrument. Auf EU-Ebene ortet sie einen „Paradigmenwechsel“ in Sachen freier Warenverkehr.
Den Optimismus auf der Regierungsbank wollte die Opposition wenig überraschend nicht teilen. So warf SP-Abgeordneter Georg Dornauer der Regierung vor, in Sachen Transit gescheitert zu sein. Der prognostizierte Lkw-Rückgang habe sich nicht eingestellt, die Blockabfertigung sei nicht nachhaltig und von der Transitbörse rede man schon seit 15 Jahren. Dass sich nun plötzlich auch Platter „so richtig stark“ gegen den Transit stemme, brachte Rudi Federspiel (FPÖ) etwas süffisant mit der nahenden Landtagswahl in Verbindung. Und Liste-Fritz-Klubobfrau Andrea Haselwanter-Schneider erinnerte Schwarz-Grün daran, dass die Politik eben an ihren Ergebnissen gemessen werde. Und diese seien in Sachen Transit „nicht gut“.
Derweil warnt auch die Wirtschaftskammer die Regierung davor, die Idee einer Alpentransitbörse weiterzuverfolgen. Für Josef Ölhafen, Geschäftsführer der Sparte Transport und Verkehr, ist das Ganze eine „Wahlkampfdebatte“: „Da wird den Leuten Sand in die Augen gestreut.“ Ölhafen befürchtet, dass mit diesem Modell auch heimische Firmen bei Exporten ins Ausland – im Sinne der Gleichbehandlung – für Durchfahrtzertifikate wohl mitbieten werden müssen. Eine allfällige Ziel- und Quellverkehrsregelung werde kaum möglich sein. Hält die Regierung an der Alpentransitbörse fest, wird sich die Kammer „dagegen wehren“.