Aslan-Studie 2 - Einfluss des Ministeriums laut Prüfer „außer Streit“
Wien (APA) - Die „Pilotstudie“ zu islamischen Kindergärten und -gruppen wurde vom Integrationsministerium in Auftrag gegeben und finanziert....
Wien (APA) - Die „Pilotstudie“ zu islamischen Kindergärten und -gruppen wurde vom Integrationsministerium in Auftrag gegeben und finanziert. Ein erster Zwischenbericht wurde 2015 vorgelegt. Schon damals wurden von Kritikern Zweifel an der Wissenschaftlichkeit der Arbeit geäußert. Später sorgten Berichte für Aufsehen, wonach Ergänzungen des Textes im Ministerium vorgenommen worden sein sollen.
Vorsätzliche Verstöße gegen die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis konnten aber nicht geortet werden, hieß es heute. Diese hätten möglicherweise sogar strafrechtliche Konsequenzen, wie Uni-Wien-Rektor Heinz W. Engl erläuterte. Das Ergebnis der Studie wurde ebenfalls nicht infrage gestellt. Jedoch: Die „wissenschaftliche Güte“ der Studie sei in den einzelnen Gutachten (etwa aus den Bereichen Frühpädagogik, Islamwissenschaften oder Wissenschaftssoziologie, Anm.) zum Teil angezweifelt worden.
„Es ist keine tolle Studie, aber im strengen juristischen Sinn wurde wissenschaftliches Fehlverhalten nicht nachgewiesen“, betonte Engl. Der Leiter der Kommission, der deutsche Jurist Stephan Rixen, wurde aus Bayreuth zugeschaltet - und präzisierte: „Die Gutachten sagen durchaus, dass es immer wieder Stellen gibt, die nicht nachvollziehbar sind.“ Nicht alles sei „nobelpreisverdächtige Forschung“.
Die Schwächen waren laut den Prüfern vor allem methodischer Art. Manchmal seien, so wurde kritisiert, zu pauschale Aussagen in der Kindergarten-Expertise getroffen worden. Die Frage, ob die „Mindestbedingungen“ in Sachen wissenschaftliches Arbeiten insgesamt unterschritten worden seien, hätte man aber verneint.
Rixen stellte aber auch klar: „Es steht außer Streit, dass es Einfluss seitens des Ministeriums gab.“ Im entsprechenden Förder-Vertrag sei zwar keine Rede davon gewesen, dass das Ministerium am Abschlussbericht mitwirken dürfe - dies sei aber geschehen. Aslan habe mit dem Ministerium zum Teil „sehr intensiv zusammengearbeitet“. Oft sei es dabei nur um sprachliche bzw. redaktionelle Änderungen gegangen. Aber: In einigen wenigen Fällen hätten auch „Inhaltsverschiebungen“ stattgefunden.
Der Rechtswissenschafter führte jenes im „Falter“ zitierte Beispiel an, wonach Aslan ursprünglich formuliert haben soll, dass auch muslimische Eltern in den Kindergärten für ihre Kinder „Werte wie Respekt, Gelassenheit, Individualität des Kindes, Hygiene, Zufriedenheit der Kinder, Pünktlichkeit, Liebe, Wärme und Geborgenheit, Selbstständigkeit und Transparenz der Regeln“ suchten. In der Neuformulierung habe es geheißen: „Besonders wichtig ist ihnen (den Eltern, Anm.), dass den Kindern islamische Werte vermittelt werden“.
„Das ist einer der wenigen Fälle, in dem man sagen muss, dass ist eine inhaltliche Verschiebung, die aus wissenschaftlicher Sicht nicht nachvollziehbar ist“, konstatierte Rixen. Die Kommission hat mit Aslan selbst gesprochen, der laut den Prüfern versichert hat, dass sämtliche Änderungen auf seine Anweisung hin geschehen sind. Mit den betreffenden Beamten des Ministeriums gab es zumindest keine persönlichen Gespräche. Von dort sei eine schriftliche Stellungnahme eingelangt, wurde heute betont.
Uni-Rektor Engl kündigte heute die Erarbeitung von Richtlinien an, die künftig die - durchaus erwünschte, wie er versicherte - Zusammenarbeit von Wissenschaft und Politik regeln soll. Möglich sei die Schaffung einer Art „Firewall“, die verhindern solle, dass auch nur der Anschein irgendeiner Art von Beeinflussung entstehe.
Auch sei zu überlegen, ob die Veröffentlichung von „Pilotstudien“, die nur die Basis für weitere Forschung liefern sollen, in „politisch heiklen Fällen“ überhaupt sinnvoll sei. Professor Rixen zeigte sich ebenfalls überzeugt: „Jetzt müssen wir überlegen, wie können wir künftig klare Regeln schaffen, dass solche grenzgängerischen Interventionen möglichst verhindert werden.“
Die Frage, welche Note er der Arbeit Aslans gegeben hätte, wollte der Rektor der Universität Wien nicht beantworten. Er sei Mathematiker und könne die Studie darum inhaltlich nicht beurteilen, sagte Engl. Vorsichtige Zweifel ließ er aber dann dennoch walten: Die statistische Datenbasis sei für manche Aussagen „viel zu gering“. Das sei zumindest sein Eindruck.
Derzeit wird eine zweite Studie zu dem Thema erarbeitet. Darauf haben sich Stadt und Bund 2015 verständigt. Der Abschluss der Untersuchung wurde noch für heuer in Aussicht gestellt.