Paradise Papers - Experte fordert Schweizer Politik zum Handeln auf

Bern (APA) - Die Korruptionsrisiken im Schweizer Rohstoffhandel sind zu groß, als dass sich die Politik weiterhin zurücklehnen dürfte. Diese...

Bern (APA) - Die Korruptionsrisiken im Schweizer Rohstoffhandel sind zu groß, als dass sich die Politik weiterhin zurücklehnen dürfte. Dieser Ansicht ist Daniel Thelesklaf, Experte für internationale Finanzdienstleistungen, der für eine Ausweitung des Geldwäschegesetzes in der Schweiz plädiert.

„Man könnte die Rohstoffbranche dem Geldwäschereigesetz unterstellen“, sagt Thelesklaf laut sda in Interviews am Mittwoch. Doch das sei nicht so einfach. Die Frage sei, bei welchen Geschäftstätigkeiten erhöhte Sorgfaltspflichten gelten müssten. Dem Geldwäschegesetz unterstellt sind Banken, Versicherungen oder Vermögensverwalter. Sie müssen strenge Sorgfalts- und Meldepflichten einhalten.

Es gehe um private Firmen, die grundsätzlich legale Geschäfte machten, die aber hohe Korruptionsrisiken hätten, sagt Thelesklaf. Die Frage ist laut dem Anti-Geldwäsche-Experten, ab welchen Beträgen man prüfen müsste. Man könne hier viel von den Banken lernen. Zuerst einmal müsste sich die Rohstoffbranche selber kontrollieren. Aber das könne auch eine Art Wettbewerbskommission machen.

Ein alter Trick von Konzernen sei es, bei Finanztransaktionen einen Dienstleister zu benutzen, weil man meine, man mache sich dann nicht strafbar. Beispielsweise sehe das britische Gesetz allerdings bei Sorgfaltspflichtverletzungen sehr scharfe Sanktionen vor, sagt Thelesklaf.

Nur weil es im Ausland Ermittlungsmöglichkeiten gebe, heiße das nicht, dass sich die Schweizer Politik zurücklehnen könne. Es müsse im Interesse der Schweiz sein, dass der Rohstoffhandel sauber laufe. Mit Glencore im Kanton Zug als größter weltweit im Rohstoffhandel tätiger Unternehmensgruppe und Vitol in Genf gilt die Schweiz als Drehscheibe des internationalen Rohstoffhandels.

Und Glencore ist mit den „Paradise Papers“-Enthüllungen vom Wochenende über massive Steuerflucht und Machenschaften im Kongo, dem früheren Zaire, in ein zweifelhaftes Licht geraten. Über einen israelischen Mittelsmann soll Glencore nämlich den Preis für Abbau-Lizenzen drastisch gedrückt haben, wobei der Verdacht auf Schmiergeldzahlungen an die als sehr korrupt geltende kongolesische Regierung besteht.

In vielen afrikanischen Ländern, in denen Korruption herrsche und Rohstoffkonzerne einkauften, seien gleichzeitig das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) oder das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) mit Entwicklungsprojekten aktiv, sagt Thelesklaf und gibt zu bedenken: „Es gäbe weniger Migrationsdruck, wenn das Geld für Rohstoffe tatsächlich in den afrikanischen Staatskassen landen würde.“

Der Schweizer Bundesrat hat vor einem Jahr immerhin über unlautere und unrechtmäßige Finanzflüsse aus Entwicklungsländern einen Bericht erstellt. Dieser Bericht gibt eine Gesamtschau über Maßnahmen, die dem grenzüberschreitenden Kapitalverkehr in Verbindung mit illegalen und unlauteren Aktivitäten wie Geldwäscherei, Korruption oder Steuerhinterziehung und -vermeidung entgegenwirken. Im Zusammenhang mit dem Rohstoffsektor sei insbesondere auf die erhöhten Transparenzbestimmungen hinzuweisen.

Demnach ist das Ausmaß unlauterer und unrechtmäßiger Finanzflüsse bedeutend und stelle ein Hindernis für die nachhaltige Entwicklung dar. Die internationale Staatengemeinschaft habe erkannt, dass diese Finanzflüsse nur mit einer international koordinierten Vorgehensweise einzudämmen seien und habe mit zahlreichen Maßnahmen wie dem Erlass von Standards und Empfehlungen reagiert.

Die Schweiz trage die internationalen Maßnahmen mit und sei gewillt, Lösungen weiterhin aktiv mitzugestalten, schrieb der Bundesrat. Von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erntete die Schweiz dann auch Anerkennung. Sie habe ihre Position innerhalb der vergangenen fünf Jahre komplett geändert, sagte OECD-Steuerpolitik-Direktor Pascal Saint-Amans ebenso in Interviews mit Schweizer Zeitungen am Mittwoch.

~ ISIN JE00B4T3BW64 WEB http://www.glencorexstrata.com ~ APA473 2017-11-08/16:57