Berner Justiz geht nicht auf erneute Vorwürfe gegen Polanski ein
Die angebliche Vergewaltigung einer 15-Jährigen im Jahr 1972 ist nach Schweizer Recht verjährt. Die Frau kann die Entscheidung aber noch beeinspruchen.
Thun – Die Berner Justiz geht nicht auf neue Vorwürfe gegen den französisch-polnischen Starregisseur Roman Polanski ein. Sie hat entschieden, das Verfahren wegen angeblicher Vergewaltigung einer 15-Jährigen infolge Verjährung nicht zu verfolgen.
Die Prüfung der Anzeige habe ergeben, dass die neuen Vorwürfe auf das Jahr 1972 zurückgingen. Damals sei die Urheberin der Strafanzeige, eine heute 61-jährige gebürtige Deutsche, 15 Jahre alt gewesen, schreibt die Staatsanwaltschaft Berner Oberland in einer Mitteilung vom Mittwoch. Der damals geltende Tatbestand der Notzucht, der dem heutigen Vergewaltigungstatbestand entspreche, gelange nicht zur Anwendung, schreibt die Behörde mit Sitz in Thun, weil nur Frauen, die das 16. Lebensjahr vollendet hatten, davon erfasst worden seien.
Der heute für die Sanktionierung der angeblichen Taten infrage kommende Tatbestand sexueller Handlungen mit Kindern sei seit spätestens 1987 verjährt. Dieser heutige Tatbestand entspricht laut der Staatsanwaltschaft dem damaligen Vorwurf der Unzucht mit Kindern.
Frau kann Entscheidung anfechten
Die Anzeige gegen Polanski war am 26. September zunächst bei der St. Galler Kantonspolizei eingereicht worden. Die Frau, die sie einreichte, gibt an, 1972 von Polanski in einem Chalet in Gstaad vergewaltigt worden zu sein. Polanski weilte in der Vergangenheit sehr oft im Berner Oberland. Die St. Galler Staatsanwaltschaft richtete danach ein Übernahmeersuchen an die Berner Justizbehörden, worauf diese die örtliche Zuständigkeit zur Untersuchung der Vorwürfe bejahte. Schon als die Berner Justiz dies Anfang Oktober bekannt gab, schrieb sie, es gelte nun abzuklären, ob der Vorwurf verjährt sei.
Die Urheberin der Anzeige kann nun diese sogenannte Nichtanhandnahmeverfügung der Berner Staatsanwaltschaft anfechten, wie Christof Scheurer, Informationsbeauftragter der Berner Generalstaatsanwaltschaft, am Mittwoch auf Anfrage sagte. Die Frau trete nämlich auch als Privatklägerin auf. Eine allfällige Beschwerde gegen die Verfügung würde die Beschwerdekammer des Berner Obergerichts prüfen. (APA/sda)