Generalstreik in Katalonien: Demos für Freilassung von Ex-Ministern
Barcelona/Madrid/Brüssel (APA/dpa/AFP/Reuters) - Tausende Unabhängigkeitsbefürworter haben bei einem Generalstreik in Katalonien die Freilas...
Barcelona/Madrid/Brüssel (APA/dpa/AFP/Reuters) - Tausende Unabhängigkeitsbefürworter haben bei einem Generalstreik in Katalonien die Freilassung der inhaftierten separatistischen Politiker gefordert. Die Demonstranten riefen am Mittwoch vor dem Regierungssitz in Barcelona „Freiheit“ und „Unabhängigkeit“. Das spanische Verfassungsgericht setzte die einseitige Unabhängigkeitserklärung Kataloniens unterdessen außer Kraft.
Das Urteil am Mittwoch war erwartet worden, da das Gericht bereits das Referendum zur Loslösung von Spanien untersagt hatte. An der Abstimmung am 1. Oktober hatten sich rund 40 Prozent der katalanischen Wahlberechtigten beteiligt. Diese stimmten mit klarer Mehrheit für eine Unabhängigkeit. Nach der Unabhängigkeitserklärung des katalanischen Parlaments Ende Oktober hatte die spanische Regierung die Regionalregierung abgesetzt und die Verwaltung der autonomen Region übernommen.
Acht Ex-Angehörige der Regierung sitzen seit vergangener Woche in Untersuchungshaft. Regionalpräsident Carles Puigdemont und vier weitere Politiker setzten sich nach Belgien ab. Trotz eines europäischen Haftbefehls sind die fünf in Belgien auf freiem Fuß, müssen aber eine Auslieferung befürchten. Der Antrag Spaniens wird derzeit von der belgischen Justiz geprüft. Allen Politikern wird Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung öffentlicher Gelder vorgeworfen. Für den 21. Dezember wurden Neuwahlen in Katalonien angesetzt.
Die Demonstranten in Barcelona skandierten mit Blick auf den früheren Chef der Regionalregierung: „Puigdemont ist unser Präsident!“ Unter anderem errichteten Teilnehmer mehrere Straßensperren und legten auch eine Eisenbahnlinie zeitweilig lahm. Zu dem Streik hatten zunächst mehrere Regionalgewerkschaften aufgerufen, um gegen Arbeitsmarktreformen zu protestieren. Die katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter hatten sich dem Aufruf später angeschlossen. Anträge von Unternehmerverbänden auf ein Verbot der Aktion, weil es sich um einen politisch motivierten und somit illegalen Streik handle, wurden von der Justiz abgewiesen.
Puigdemonts „Katalanische Europäische Demokratische Partei“ (PDeCat) kündigte an, sie werde am kommenden Samstag bekanntgeben, wen sie als Spitzenkandidaten bei den Neuwahlen aufstellen will. In einem Interview mit dem belgischen Fernsehen hatte Puigdemont angeboten, trotz seiner Probleme mit der Justiz erneut als Kandidat zur Verfügung zu stehen.
Belgiens Premierminister Charles Michel wies unterdessen Befürchtungen zurück, es könne eine Staatskrise wegen Puigdemonts Aufenthalt in Brüssel geben. „Es gibt eine politische Krise in Spanien, nicht in Belgien“, sagte er und mahnte gleichzeitig: „Jeder europäische Bürger muss sich für seine Handlungen verantworten.“
Der Liberale Michel regiert Belgien seit 2014 mit einer Koalition aus vier Parteien, zu der auch die flämischen Nationalisten der Partei N-VA gehören. Deren Ziel ist nach dem Parteistatut die Schaffung einer „unabhängigen Republik Flandern“ im Norden Belgiens. Seit dem Einstieg in die belgische Regierung hat die Partei dieses Ziel aber zurückgestellt.
Minister und Vertreter der N-VA hatten in den vergangenen Tagen jedoch offen Unterstützung für die Katalanen bekundet und die spanische Regierung scharf kritisiert. Am Sonntag hatte Innenminister Jan Jambon gefragt, wie ein EU-Staat so weit gehen könne, „Mitglieder einer demokratisch gewählten Regierung einzusperren“. Er kritisierte dabei auch das „ohrenbetäubende Schweigen“ wichtiger EU-Vertreter zu dem Konflikt.
Experten bezweifeln aber, dass die N-VA bei weiten Teilen ihrer Wählerschaft damit punkten könnte, über die Katalonien-Krise wieder zu einem offenen Abspaltungskurs zurückzukehren. Für die Partei wäre das „Harakiri“, sagte der Historiker Bruno Yammine. „Der harte nationalistische Kern in Flandern liegt bei zehn bis 15 Prozent der Bevölkerung. Wegen Katalonien werden daraus jetzt nicht 40 Prozent werden.“