OSZE warnte erneut vor Gewalt-Eskalation in Ostukraine
Kiew/Moskau (APA/Reuters) - Die OSZE warnt angesichts zunehmender Waffenstillstands-Verstöße in der Ostukraine erneut vor einem Wiederauffla...
Kiew/Moskau (APA/Reuters) - Die OSZE warnt angesichts zunehmender Waffenstillstands-Verstöße in der Ostukraine erneut vor einem Wiederaufflammen der Gewalt in der Region. „Die Warnsignale durch die Zunahme der Gewalt sind da“, sagte der Vizechef der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine, Alexander Hug, in einem am Mittwoch veröffentlichten Reuters-Interview. Ähnlich hatte sich Hug Ende Oktober in einem APA-Gespräch geäußert.
In den vergangenen Wochen habe sich der Einsatz schwerer Waffen wie Panzer und Artillerie entlang der Front mehr als verfünffacht. „Die große Mehrheit der Zivilisten, die in diesem Konflikt umkommen, sterben durch diese Waffen. Sie produzieren Granatsplitter, die wahllos töten.“ Die Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sähen zwar nur die Spitze des Eisbergs, der Trend sei aber klar: Gegenüber dem Vorjahr habe die Gewalt um drei bis fünf Prozent zugenommen.
Beide Seiten würden gegen das Abkommen von Minsk verstoßen, sagte Hug. Die OSZE-Beobachter hätten knapp 3900 schwere Waffen nahe der Front entdeckt, obwohl diese gemäß der Vereinbarung hätten zurückgezogen werden müssen. „40 Prozent davon in Gebieten unter Kontrolle der (ukrainischen) Regierung, 60 Prozent in Gebieten außerhalb der Kontrolle der Regierung“, erklärte Hug. Er rief die Konfliktparteien zum Abzug der schweren Waffen von der Front und der Entflechtung der Truppen auf, die sich entlang der 500 Kilometer langen Front teils auf eine Entfernung von nur 50 Metern gegenüberstünden.
„Wenn diese militärischen Fragen jetzt nicht angegangen werden, werden wir mehr (Gewalt) sehen, vor allem wenn der Boden in der zweiten Hälfte des Novembers gefriert“, warnte Hug. Dann ließen sich die schweren Waffen noch einfacher transportieren. „Wenn nichts geschieht, dürften wir eine Zunahme der Gewalt zum Jahresende erleben.“
Zum Vorstoß des russischen Präsidenten Wladimir Putin für einen Einsatz von Truppen zum Schutz der OSZE-Beobachter in der Ostukraine äußerte sich Hug zurückhaltend. „Das größte Risiko für die Beobachter im Osten der Ukraine sind Blindgänger und Minen“, sagte er. Die zweitgrößte Gefahr sei, dass sie versehentlich in die Schusslinie gerieten. „Direkte Angriffe auf uns sind nicht das Hauptproblem“, erklärte Hug.
Die OSZE ist mit rund 500 Mitarbeitern im Osten der Ukraine im Einsatz, die die Lage beobachten und Verstöße gegen das Waffenstillstandsabkommen von Minsk melden. Prorussische Separatisten hatten die Region 2014 unter ihre Kontrolle gebracht. Seither wurden in dem Konflikt Tausende Menschen getötet. Im April wurde ein OSZE-Beobachter vermutlich durch eine Panzermine getötet, er war der erste Tote der Mission.
(Das Gespräch führten Sabine Siebold und Andrea Shalal/Reuters)
~ WEB http://www.osce.org/ ~ APA557 2017-11-08/19:42