Erfolg mit „Igitt-Faktor“ -Stuhltransplantation: Hilfe für Darmkranke

Wien (APA) - „Es hat ein bisschen einen Igitt-Faktor“, sagte der Grazer Gastroenterologe Christoph Högenauer am Donnerstag bei einer Pressek...

Wien (APA) - „Es hat ein bisschen einen Igitt-Faktor“, sagte der Grazer Gastroenterologe Christoph Högenauer am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien, aber die Erfolge von Stuhltransplantationen für Menschen, die unter chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) leiden, sind enorm. Erst im Oktober wurden die Ergebnisse einer weiteren österreichischen Studie dazu veröffentlicht.

27 Patienten mit chronischer Darmentzündung wurden in die Grazer Studie miteinbezogen. 17 davon erhielten neben einer Antibiotikatherapie auch eine Stuhltransplantation. Dabei wird der Stuhl eines gesunden Spenders in den Darm eines Kranken übertragen, um dessen geschädigtes Darm-Mikrobiom („Darmflora“) wieder aufzubauen. 59 Prozent sprachen auf die Behandlung an, bei fast einem Viertel (24 Prozent) klang die Darmentzündung sogar ab. „Diese Patienten sprachen besonders gut darauf an, die vorher auf die Standardbehandlungen gar nicht angesprochen haben“, sagte Högenauer.

Bereits vor zwei Jahren gab es eine ähnliche Studie in Graz, Österreich leiste auf dem Gebiet „Pionierarbeit“, meinte Högenauer. „Wir werden von Anfragen verzweifelter Patienten überschwemmt“, sagte der Gastroenterologe. Derzeit werden weitere Studien dazu vorbereitet. In Österreich sind bisher - meist im Rahmen von wissenschaftlichen Untersuchungen - „ein paar 100“ solcher Eingriffe, etwa in Wien, Linz, Innsbruck, St. Veit oder in Graz, durchgeführt worden. Dazu werden eigene Spender herangezogen, deren Bakterienbestandteile im Stuhl genau getestet werden. In den Niederlanden, wo eine der ersten Studien zu dem Thema gemacht wurde, gebe es sogar Stuhldatenbanken, ähnlich wie Blutdatenbanken, berichtete der Gastroenterologe.

Ein wichtiges Ziel der aktuellen medizinischen Forschung ist laut Högenauer nämlich die gezielte Veränderung des intestinalen Mikrobioms, um das Immunsystem und Darmerkrankungen günstig zu beeinflussen. Neben der Stuhltransplantation geschieht dies auch durch gezielte Ernährung (wenig rotes Fleisch) und die Gabe von lebenden Bakterien. Denn äußere Einflüsse wie Ernährung, Umweltfaktoren, Medikamente, Krankheiten oder Fernreisen können das Mikrobiom verändern, was wiederum eine wichtige Rolle in der Entstehung von Krankheiten spielt.

So zeigen unterschiedliche Studien, etwa auch aus Österreich, dass die Zusammensetzung der Darmbakterien bei Patienten bei Dickdarmkrebs verändert ist, sagte Alexander Moschen von der Innsbrucker Universitätsklinik für Innere Medizin. Und weltweit stellt das Dickdarmkarzinom immerhin die vierthäufigste Todesursache dar.

Högenauer warnte allerdings auf diesem Gebiet vor Missbrauch. Darmflora-Analysen von niedergelassenen Ärzten sowie die dabei angebotenen Stuhltransplantation seien unseriös. Derzeit werde der Eingriff zum großen Teil nur innerhalb von Studien durchgeführt, außer bei jenen Patienten, wo nichts mehr hilft.

CED würden vor allem in westlichen Ländern deutlich zunehmen, sagte der Wiener Gastroenterologe Gottfried Novacek. In Österreich gibt es laut einer epidemiologischen Studie aus der Steiermark an die 40.000 Betroffene, in den Städten mehr als im ländlichen Bereich.

(S E R V I C E - Studie: „The taxonomic composition of the donor intestinal microbiota is a major factor influencing the efficacy of faecal microbiota transplantation in therapy refractory ulcerative colitis“, Autoren: P. Kump, P. Wurm, H. P. Gröchenig, H. Wenzl, W. Petritsch, B. Halwachs, M. Wagner, V. Stadlbauer, A. Eherer, K. M. Hoffmann, A. Deutschmann, G. Reicht, L. Reiter, P. Slawitsch, G. Gorkiewicz, C. Högenauer, am 20. Oktober 2017 publiziert, DOI: 10.1111/apt.14387, abrufbar unter http://go.apa.at/9CgxXx6l)