Rettungseinsatz am Dachstein brachte Helfer an ihre Grenzen

Gosau (APA) - Der erfolgreiche Rettungseinsatz für einen im Dachsteingebirge in Oberösterreich verunglückten 45-jährigen Deutschen haben die...

Gosau (APA) - Der erfolgreiche Rettungseinsatz für einen im Dachsteingebirge in Oberösterreich verunglückten 45-jährigen Deutschen haben die beteiligten Helfer an ihre Grenzen gebracht: Die Suche erfolgte in der Dunkelheit bei Lawinengefahr und rund um Löcher von Dolinen, die vom Schnee verdeckt waren. Das schilderte danach Einsatzleiter Christian Ecker in einem Telefonat mit der APA.

Der Bergwanderer aus dem Raum Duisburg war am Samstag von Gosau zur Adamek-Hütte am Dachstein aufgebrochen. Etwa eine halbe Stunde vor seinem Ziel stürzte er 20 Meter tief in eine vom Schnee verdeckte Doline - eine ausgeschwemmte Öffnung im Kalkgestein. Laut Ecker war sie an der Oberfläche schmal und erweiterte sich darunter zu einem immer noch sehr engen Schacht. An seinem Aufprallort konnte er nur stehen oder höchstens auf seinem Rucksack sitzen. Immerhin war er bergerfahren und entsprechend bekleidet, er hatte Nahrung und Wasser bei sich.

Aber nur mit unwahrscheinlichem Glück wurde er gefunden. Er hatte bei seiner Tour ein GPS-Gerät mitlaufen lassen. So hatte er seine Koordinaten zur Verfügung. Diese verschickte er per SMS über sein Mobiltelefon - tagelang ohne Erfolg. Erst am Mittwoch gegen Mitternacht ging der Notruf doch noch durch.

Bergrettung und Polizei hatten nach einer Vermisstenanzeige und dem Fund seines in Gosau abgestellten Autos schon eine großangelegte Suchaktion für Donnerstag vorbereitet. Sie entschlossen sich aber mit den dann vorliegenden konkreten Angaben zum Unfallort zu einem - nicht ungefährlichen - Einsatz noch in der Nacht. Eine bei den Bergrettern als „Erster Stoßtrupp“ bezeichnete fünfköpfige Gruppe unter der Leitung von Ecker stieg vom Hinteren Gosausee anfangs noch in Schuhen, später auf Skiern auf. Am Berg liegt der Schnee aktuell rund einen Meter hoch. Nach drei Stunden in der Nähe des vermuteten Unfallortes in 2.050 Metern Seehöhe begannen sie zu rufen. Gegen 4.00 Uhr hörte diese der Vermisste und antwortete. Das Loch über der Doline war nicht durch verfrachteten Neuschnee wieder geschlossen.

Mit einer Lampe leuchtete Ecker in die Tiefe. Dort sah er kaum erkennbar den in grüner Kleidung kauernden Verunglückten. Einer der Helfer seilte sich zu dem Mann ab. „Er war an der Schulter und am Sprunggelenk verletzt, stark unterkühlt, aber ansprechbar und orientiert. Aber es war für ihn und auch für uns eine sehr emotionale Situation. Denn allen war klar, dass die Chancen aus dieser Lage lebend herauszukommen sehr gering sind.“ Ecker kann sich gut in die psychische Belastung des Geretteten hineinfühlen: „Der Vermisste versuchte immer wieder, SMS mit seinem Notruf abzusetzen. Es wurde finster und wieder hell, er sah oben sogar einen blauen Himmel, aber es kam keine Antwort.“

Als weitere der insgesamt 20 Helfer umfassenden Mannschaft eintrafen begann sofort die Bergung. Oft geübt ging es deshalb sehr schnell. Dann wurde auf den Notarzthubschrauber „Christophorus 10“ gewartet. Er schwebte im ersten Morgengrauen ein und flog den Verletzten in das Klinikum Wels. Dort wird er in der Intensivstation behandelt. Die Retter und ihr schweres Bergegerät sollten mit einem Polizeihubschrauber abgeholt werden. Aber inzwischen aufgezogener Nebel machte dies unmöglich. So ging es zu Fuß ins Tal, wo man erst gegen Mittag eintraf. Für die meisten hieß es umziehen und in die Arbeit. Der 47-jährige Christian Ecker ist beispielsweise sowohl Rauchfangkehrer als auch OP-Gehilfe im Landeskrankenhaus Bad Ischl. Seine beiden Söhne sind ebenfalls bei der Bergrettung Gosau und waren auch bei diesem Einsatz dabei: „Wir haben eine wahnsinnige Freude, dass er so ausgegangen ist, da vergessen wir alle Mühen.“