Schwangerschaftsdiabetes: Möglicher Schutzmechanismus entdeckt
Graz (APA) - Eine Störung des Zuckerstoffwechsels in der Schwangerschaft (Gestationsdiabetes) kann ungünstige Auswirkungen auf das spätere L...
Graz (APA) - Eine Störung des Zuckerstoffwechsels in der Schwangerschaft (Gestationsdiabetes) kann ungünstige Auswirkungen auf das spätere Leben von Kind und Mutter haben. Einen Mechanismus, der die Plazenta und das Ungeborene bei Schwangerschaftsdiabetes schützen dürfte, haben Wissenschafter in Graz entdeckt, teilte die Medizinische Universität am Freitag mit.
Rund fünf Prozent aller Schwangerschaften werden laut der Med-Uni Graz von Schwangerschaftsdiabetes begleitet. Für die Schwangere und das Ungeborene erhöht sich dabei das Risiko, im späteren Leben an Diabetes mellitus Typ 2 oder anderen Stoffwechselstörungen zu erkranken. Eine Forschergruppe um Christian Wadsack an der Grazer Uniklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe versucht jene Mechanismen im Mutterleib zu verstehen, die das Ungeborene negativ oder positiv beeinflussen.
Zuletzt haben die Grazer Forscher ein Protein untersucht, das bisher mit entzündlichen Erkrankungen bis hin zu Diabetes in Zusammenhang gebracht wurde. Allerdings stand bisher nicht fest, ob dieses Fettstoffwechsel-Enzym namens Lipoprotein-assoziierte Phospholipase A2 (LpPLA2) hierbei eher entzündungsfördernde oder entzündungshemmende Wirkung besitzt. Auch über die Regulation seiner Produktion und Aktivität ist bis heute nur wenig bekannt, schilderte Wadsack die Forschungslage.
Laut bisheriger Studien ist LpPLA2 auch im Blut jener Schwangeren erhöht zu finden, die durch Präeklampsie oder Schwangerschaftsdiabetes beeinträchtigt sind. Die konkrete Bedeutung, die LpPLA2 in der Plazenta oder dem Ungeborenen hat, war jedoch weitgehend unbekannt. Die jüngsten Grazer Studienergebnisse zur Wirkung von LpPLA2 in der Plazenta wurden in der aktuellen Ausgabe von „Nature Scientific Reports“ publiziert. Im Zellversuch mit plazentaren Endothelzellen konnte gezeigt werden, dass das an das Lipoprotein HDL gebundene LpPLA2 (HDL-LpPLA2) in Plazenta und Fötus möglicherweise anti-oxidative und vaskulo-protektive Eigenschaften besitzt.
Produziert wird die Phospholipase LpPLA2 fast ausschließlich von Immunzellen, den sogenannten Makrophagen. Die Forscher haben daher Makrophagen aus der Plazenta von Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes und von gesunden Schwangeren isoliert und kultiviert. „Dabei zeigte sich, dass Zellen von diabetischen Plazenten mehr LpPLA2-Enzymaktivität aufwiesen, auch ohne Stimulation“, so Wadsack.
Danach wurden die Zellen von diabetischen Plazenten mit Reizen stimuliert, wie sie in einer entzündlichen, diabetischen Mikro-Umgebung vorkommen. Hier zeigte sich, dass die Enzymaktivität durch einen hohen Insulinspiegel sowie hohe Konzentrationen an entzündungsfördernden Botenstoffen verstärkt wurde. Reduzierte Enzymaktivität wurde registriert, wenn die Zellen entzündungshemmenden Botenstoffen ausgesetzt waren. Eine weitere Untersuchung hat überdies gezeigt, dass die LpPLA2-Aktivität auch bei Neugeborenen von Müttern mit Gestationsdiabetes erhöht war.
LpPLA2 bindet sich im Organismus an Lipoproteine wie dem LDL (Low-Density Lipoprotein) und HDL (High-Density Lipoprotein) und zirkuliert in dieser Form im Plasma. Die Forscher haben speziell die Eigenschaften des gebundenen HDL - das bei Un- und Neugeborenen überwiegt - untersucht. Dazu haben sie eine Substanz eingesetzt, die LpPLA2 hemmt. Die Ergebnisse dieser Tests deuten nun darauf hin, dass die an HDL-gebundene LpPLA2 zumindest im Neugeborenen eine entzündungshemmende, schützende Wirkung hat.
Die Forscher vermuten aufgrund der Tests auch, dass HDL-LpPLA2 die Barrierefunktion jener Zellen unterstützt, die die Blutgefäße auskleiden. „Dadurch schützt LpPLA2 möglicherweise die Gefäße in der Plazenta und im Kind vor pathologischen Veränderungen, wie sie bei Diabetes oft vorkommen“, schlussfolgerte die Erstautorin Carolin Schliefsteiner.
(S E R V IC E - „Maternal Gestational Diabetes Mellitus increases placental and foetal lipoprotein-associated Phospholipase A2 which might exert protective functions against oxidative stress“, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28974763)