SIX will Mehrheit am Bezahlgeschäft mit Kartenterminals verkaufen

Zürich (APA/sda) - Der Schweizer Finanzinfrastrukturbetreiber SIX, der auch in Österreich Marktführer ist, steht vor einem großen Umbau und ...

Zürich (APA/sda) - Der Schweizer Finanzinfrastrukturbetreiber SIX, der auch in Österreich Marktführer ist, steht vor einem großen Umbau und bekommt einen neuen Chef: Die Sparte, die das Bezahlen mit Plastikkarten an den Geschäftskassen umfasst, soll mehrheitlich verkauft werden. Die SIX erhofft sich für das Geschäft mit einem starken Partner eine bessere Zukunft als im Alleingang.

Damit solle ein führender europäischer Anbieter im Kartenakzeptanz- und -verarbeitungsgeschäft geschaffen werden, teilte SIX am Freitag mit. SIX wolle eine starke Minderheitsbeteiligung behalten, um Einfluss auf die Weiterentwicklung nehmen zu können.

Der Schritt ist keine Überraschung. Seit Monaten hatte der Finanzdienstleister die Zukunft des Kartengeschäfts überprüft. Grund dafür war der starke Wandel im bargeldlosen Zahlungsverkehr, der unter Margendruck und zunehmender Konkurrenz leidet.

Die Suche nach einem strategischen Partner für den Mehrheitsanteil wird jetzt gestartet. Der Deal solle bis spätestens nächsten Sommer über die Bühne gebracht werden, hieß es weiter.

Weil weltweit immer weniger mit Bargeld und immer mehr elektronisch bezahlt wird, bietet der Markt gute Wachstumschancen. Wer bei der Konsolidierung vorne mitspielen will, braucht aber Kapital.

Und hier stellte sich für SIX die Frage, ob man das alleine stemmen wolle. Man könnte das Geld zwar locker machen, sagte SIX-Verwaltungsratspräsident Romeo Lacher im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda. Dieses fehle aber dann für die Kernbereiche der SIX, zu denen das Kartenbezahlgeschäft nicht gehöre.

UBS-Chef Sergio Ermotti hatte die Gruppe im Juni in einem Interview als ineffizient und teuer kritisiert. SIX müsse über die Bücher gehen und sich Gedanken machen, wie sie sich aufstellen kann, sagte er damals. Er glaube nicht, dass das heutige Geschäftsmodell langfristig nachhaltig sei.

Schweizer Großbanken halten zusammen 30 Prozent am Finanzdienstleister, der auch die Schweizer Börse betreibt. SIX sei zum Zeitpunkt von Ermottis Kritik allerdings schon seit einigen Monaten daran gewesen, sich über die Zukunft Gedanken zu machen, sagte Lacher. Auch andere Banken hatten das Kartengeschäft von SIX hinterfragt.

Ein weiterer Grund für die geplante Partnerschaft sei, dass das unter Margendruck stehende Kartenbezahlbusiness ein Mengengeschäft sei: Je mehr Volumen auf der Plattform abgewickelt werde, desto günstigere Preise könne man den Kunden anbieten.

Derzeit rollt eine Übernahmewelle im europäischen Markt für bargeldlosen Zahlungsverkehr. In vielen Ländern haben Banken diese nicht zum Kerngeschäft gehörenden Bereiche abgestoßen: Anfang 2017 verkauften die DZ Bank, die Deutsche Bank, die Commerzbank und weitere Institute die deutsche Concardis für 700 Mio. Euro an Finanzinvestoren. Der US-Kreditkarten-Abwickler Vantiv sorgte im Juli mit einem 8,7 Mrd. Euro schweren Offert für die britische Worldpay für einen Höhepunkt der Übernahmewelle in der Branche.

Angesichts dieser Lage „stellt sich die Frage, ob wir groß genug sind und schnell genug wachsen können, um international weiterhin eine Rolle zu spielen“, sagte Lacher: SIX sei zwar Marktführerin in der Schweiz, in Österreich und Luxemburg. Das seien aber alles kleine Länder.

Mit der Abtretung der Mehrheit spaltet SIX einen Großteil ihrer größten Division ab. Diese erwirtschaftete im vergangenen Jahr 885 Mio. Franken (764 Mio. Euro) des Gesamtumsatzes der Gruppe von 1,84 Mrd. Franken und steuerte 92 Mio. Franken zum Gesamtbetriebsergebnis (EBIT) von 297 Mio. Franken bei.

Einen kleinen Teil der Zahlungsverkehrssparte will SIX behalten: Dieser umfasst die Bezahl-App Twint und den Betrieb von Bankomaten. „Auch die Herausgabe von Plastikkarten im Auftrag von allen Banken behalten wir“, sagte Lacher.

Und bei der E-Rechnung und Lastschriften werde die Vereinheitlichung und Bündelung der Infrastruktur mit der Postfinance weiter vorangetrieben. Neu hinzu kommt der Interbankenzahlungsverkehr in der Schweiz und im Euroraum.

Den Umbau übernimmt ein neuer Chef der SIX. Der Niederländer Jos Dijsselhof wird am 1. Jänner 2018 die Nachfolge von Urs Rüegsegger antreten, der im Mai seinen Rücktritt angekündigt hatte.

Der auch Deutsch sprechende 52-jährige Dijsselhof verstehe das Geschäft, die Kunden und den Infrastrukturbetrieb von SIX, sagte Lacher. Bis letzten Juni war der Niederländer operativer Chef und zwischenzeitlich sogar Interims-Chef der Mehrländerbörse Euronext gewesen. Zuvor hatte Dijsselhof lange im Wertschriften- und Zahlungsverkehrsbereich von mehreren Großbanken gearbeitet.

Dijsselhof darf gleich zu Beginn seiner Amtszeit die große Neuorganisation von SIX durchziehen, in die er bereits eingeweiht ist: Neben der Abspaltung des Kartenbezahlgeschäfts und der Neustrukturierung des Zahlungsverkehrs werden zudem die bisher getrennten Sparten Schweizer Börse und Wertpapierabwicklung in einer Einheit zusammenfasst. Und es wird eine gruppenweite Innovationseinheit geschaffen, um bei Start-ups am Ball zu bleiben.

~ WEB http://www.six-group.com/about/de/home.html ~ APA207 2017-11-10/12:12