RH zu Verkehrsdiensteverträgen: Kritik an Doppelstruktur Bund-Länder

Wien (APA) - Der Rechnungshof (RH) hat die Verkehrsdiensteverträge des Bundes sowie der Länder Wien und Niederösterreich der Jahre 2010 bis ...

Wien (APA) - Der Rechnungshof (RH) hat die Verkehrsdiensteverträge des Bundes sowie der Länder Wien und Niederösterreich der Jahre 2010 bis 2015 unter die Lupe genommen. Kritisiert wurde in einem heute Freitag veröffentlichten Bericht, dass Bund und Länder für Vergabe und Abwicklung der Verträge parallele Strukturen hätten. Eine gemeinsame und zentrale Abwicklungsstelle hingegen könnte Synergien nutzen.

So verkehrten - auf Basis separater Verkehrsdiensteverträge - durch unterschiedliche Gebietskörperschaften bestellte Züge auf denselben Strecken zu unterschiedlichen Zeiten. Die Vergabe von gemeinwirtschaftlichen Schienenpersonenverkehrsleistungen war zwischen mehreren Auftraggebern zersplittert, bemängelt der Rechnungshof. Abschluss und Kontrolle von separaten Verkehrsdiensteverträgen für Züge auf derselben Strecke „war weder wirtschaftlich noch zweckmäßig“, heißt es im Bericht.

Geprüft wurden die Verkehrsdiensteverträge des Bundes sowie der Bundesländer Wien und Niederösterreich. Diese Auswahl sei eine autonome Entscheidung des Rechnungshofs gewesen, erläuterte der RH-Sprecher auf APA-Anfrage.

Weiters wird in dem Bericht mangelnde Transparenz gerügt, die sich aus dem Spannungsverhältnis gegensätzlicher Interessen ergebe: Das Verkehrsministerium (BMVIT) und die Länder Wien und Niederösterreich hatten bei der Bestellung der Schienenverkehrsleistungen gegensätzliche Interessen zu vertreten: Als Besteller hatten sie das Interesse, die Leistungen möglichst günstig einzukaufen - hingegen als Eigentümer der wesentlichen Eisenbahnverkehrsunternehmen hatten sie Interesse, diese ohne Verluste zu führen. „Dieses Spannungsverhältnis hatte zur Folge, dass die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs sowie die wirtschaftliche Lage der Eisenbahnverkehrsunternehmen nicht transparent waren“, so der RH.

Der Bund und alle Länder bestellten im Jahr 2014 rund 91,8 Mio. Zug-Kilometer für rund 870,70 Mio. Euro über Verkehrsdiensteverträge, weil die erbrachten Leistungen nicht über Tarifeinnahmen gedeckt waren und nur durch öffentliche Mitfinanzierung wirtschaftlich erbracht werden konnten. Der Bund wendete dafür rund 688,42 Mio. Euro auf, Niederösterreich rund 41,18 Mio. Euro und Wien rund 11,12 Mio. Euro.

Das BMVIT habe jährlich bei der Bestellung der Schienenpersonenverkehrsleistungen bei der ÖBB-Personenverkehr AG das im Bundesvoranschlag vorgesehene Budget um durchschnittlich rundd27 Mio. Euro oder rund 4,7 Prozent überschritten, so der RH. Die Differenz zwischen der Abgeltung der vertraglich festgesetzten Mindestanzahl (rd. 270.000) und der tatsächlich abgegoltenen Anzahl an Zugbegleiter-Fahrstunden (zwischen rd. 630.000 und 920.000) betrug im überprüften Zeitraum jährlich bis zu 45 Mio. Euro.

Auch bei den Privatbahnen gibt es Probleme: Obwohl mit 1. Jänner 2014 die vertraglich vereinbarten elektronischen Messsysteme bei den Privatbahnen für den Qualitätsfaktor Pünktlichkeit nicht bestanden, leistete die Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft (SCHIG) für das Jahr 2014 Bonuszahlungen in Höhe von rund 575.155 Euro für Pünktlichkeit. In den Empfehlungen heißt es dementsprechend, Bonuszahlungen sollten nur bei Vorliegen geeigneter Messsysteme geleistet werden. Privatbahnen sind u.a. die Wiener Lokalbahnen, die Raaber Bahn (Györ-Sopron), die Salzburger Lokalbahn, die Zillertaler Verkehrsbetriebe, die Steiermärkische Landesbahn sowie die Graz-Köflacher-Bahn.

~ WEB http://www.oebb.at/ ~ APA317 2017-11-10/14:11