“The Big Sick“

Farce eines gehorsamen Sohnes

© Thimfilm

„The Big Sick“: Witze über den pakistanischen Migrantenalltag in Chicago.

Innsbruck –Kumail Nanjiani (Kumail Nanjiani) befindet sich als Stand-up-Comedian mit Erzählungen seines Migranten-Alltags in der lokalen Kleinkunstbühne noch im Talentestatus, das heißt, in seiner Garderobe erwartet ihn für seinen Auftritt keine Gage. Immerhin soll sich ein prominenter Agent im Publikum befinden, der eine Besetzung für ein kanadisches Festival sucht. Schließlich haben Woody Allen und Billy Crystal, zwei andere Komiker mit Migrationshintergrund, ihre Karrieren auch mit solchen Auftritten begonnen.

An diesem Abend zeigt sich die Psychologiestudentin Emily (Zoe Kazan) beeindruckt genug, den Comedian in seine WG zu begleiten, doch unbeeindruckt vom Quickie greift Emily zum Handy, um die Nacht nicht in die Länge zu ziehen und einen verlässlichen Uber-Fahrer zu ordern. Kumail, der sich noch einmal auf die faule Haut legen möchte, wird damit zum Dienst gerufen.

Dieses Erkennen gegenseitiger Fehleinschätzung und Unzulänglichkeiten ist eine schöne Eröffnung für eine romantische Komödie. Damit ist es aber noch nicht getan, denn Kumail verrechnet der eben noch Geliebten den vollen Tarif für die Fahrt. Umgekehrt würde es nach bezahltem Sex aussehen. Nach der dritten gemeinsamen Nacht ist die Fahrt zwar gratis, aber die Studentin glaubt damit ein Beziehungsstadium erreicht zu haben, in dem eine Frage wie „Wann stellst du mich deinen Eltern vor?“ keinen Weltuntergang auslöst – was jedoch der Fall ist.

„The Big Sick“ erzählt vom Beginn der Liebesgeschichte des pakistanisch stämmigen Entertainers Kumail Nanjiani mit seiner Frau Emily V. Gordon, die sich so oder so ähnlich 2006 zugetragen hat, wenn es auch damals noch keinen Uber-Fahrer gegeben hat. Aber die Wunden des Anschlags auf das World Trade Center sind noch nicht vernarbt. Wenn dumpfe Besucher der Show den vermeintlichen Terroristen nach seiner Sicht auf 9/11 fragen, beklagt Kumail in Comedianmanier „den Verlust von 16 tapferen Kämpfern“, was nicht gerade für den großen Lacher sorgt. Regelmäßig muss Kumail bei seinen Eltern zu rituellen Abendessen antanzen, bei denen ihm jeweils die Braut der Woche präsentiert wird. Kumail macht sich zwar auf den Kleinbühnen Chicagos über die von seinen Eltern kultivierte Tradition der arrangierten Ehen lustig, wagt aber nicht, zu Hause ein amerikanisches Mädchen ins Spiel zu bringen. Erst eine geheimnisvolle Krankheit, die Emily ins Koma fallen lässt, bringt ihn zur Einsicht, die Farce des gehorsamen Sohnes zu beenden und einen selbstbestimmten Neustart zu wagen. (p. a.)

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