Seat

Partyinsel macht mobil wie nie

Mut zur Hässlichkeit: Der Ibiza verfügt über so viele Talente, dass ihm selbst die gewagte Gold-Rosé-Lackierung nicht schadet. Foto: Höscheler

Machten die alten Ibiza-Generationen schon vieles richtig, schafft die neue gar eine Technik-Revolution. Der Kleine von Seat profitiert von den Stärken höherer Klassen.

Von Markus Höscheler

Braz –Die Vorfreude auf das Telefonat war groß, aber der Anrufende wollte eher vorwarnen, um einen Schock zu vermeiden. Jemand aus dem VW-Konzern teilte nicht nur erwartungsgemäß mit, dass der neue Ibiza-Testwagen endlich eingetroffen sei, sondern befand auch, dass die gewählte Lackierung vielleicht dem Augenlicht schaden könnte. Dabei ist unser Zugang der, dass wir schon froh wären, wenn Hersteller und Importeure den Vertrieb von silbergrauen Modellen zeitweise aussetzten. Diese Zurückhaltung stellten wir beim Abholen des Ibiza nicht fest – der neue Kleinwagen von Seat blendete geradezu mit einem „Gold-Rosé“-Auftrag. Erster Eindruck: Es ist mutig vom Hersteller, die an und für sich gelungene Formensprache des Ibiza mit dem grellen Farbanstrich zu kombinieren.

Grundsätzlich aber gilt das Interesse den inneren Werten, insbesondere der neuen Plattform MQB A0. Diese verkürzte Variante des konzernweit verwendeten modularen Querbaukastens ist ganz neu, sie bildet die Basis für neue Kleinwagen in der Volkswagen-Familie – und der Ibiza ist der erste Begünstigte der flexiblen Grundlage. Was auffällt: der große Sprung beim Komfort. War das Vorgänger-Modell schon ein recht gutes, aber vergleichsweise straffes Auto, bewegt sich der Neuling in einem Bereich, der früher allenfalls einem Golf oder gar der Mittelklasse zuzutrauen war. Der Spanier (oder Katalane?) steckt viele Unebenheiten weg, die ihm die hiesige Asphalt-Welt an Aufbrüchen, Querrillen und Kanaldeckeln bietet.

Ein weiterer Fortschritt ist im Raumgewinn zu lokalisieren. Der neue Ibiza ist auf 4,06 Meter Länge gewachsen, der Kofferraum bietet nun netto 355 Liter an – ein Wert, der ihn eigentlich in eine höhere Liga befördern müsste. Und dann hat auch noch ganz subjektiv die hintere Sitzreihe an Freiheitsgraden gewonnen, die Beengtheit des Vorgängers ist Geschichte.

Genug gelobt? Aber nein, der Ibiza kann ja noch mehr, etwa angenehm lenken und angenehm beschleunigen. Dabei ist es lediglich ein Dreizylinder, der im Testwagen die Verantwortung für den Vortrieb übernimmt. Aber die Fähigkeiten, im Bedarfsfall 95 Pferde zu entfesseln undfrühzeitig, in der Tat: ab 1500 Touren, ein maximales Drehmoment von 175 Newtonmetern zu stemmen, ermuntern sogar dazu, steile Gebirgsstraßen mit dem kurzen Iberer zu befahren. Das Aggregat arbeitet willig mit Gaspedal und Fünfgang-Handschalter zusammen, beim Verbrauch bleibt es bescheiden. 5,4 Liter Testverbrauch können sich angesichts hohen Autobahnanteils sehen lassen.

Und hören lassen kann er sich auch, denn die Laufkultur ist zwar unverkennbar die eines Dreizylinders, aber sie ist mehr als erträglich gestaltet. Apropos Gestaltung: Beim Innenraum stoßen wir auf unterschiedliche Materialien, wie sie im Segment üblich sind. Harter Kunststoff, feines Leder, hochwertiger Touchscreen (acht Zoll), ein nutzerfreundliches Instrumentarium. In Summe gibt es eine gute Verarbeitung und eine recht einfache Bedienung – für das Display braucht es anfangs allerdings erhöhte Konzentration, um sich die Menüpunkte vor Augen zu führen. Die Full-Link-Anbindung ermöglicht die einfache Bedienung wichtiger Apps des Smartphones, darunter auch Navigation. Angetan sind wir zusätzlich von den klassen­unüblichen Beigaben wie den Voll-LED-Scheinwerfern und dem adaptiven Tempomat. Damit lässt sich dann der Preis von 19.911,13 Euro erklären. Aber es gibt Einsparungspotenzial: Gold-Rosé-Metallic kostet 466,21 Euro – diese Lackierung ist kein Muss.

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