Französin will UNESCO-Spaltung kitten

Paris (APA/AFP) - Auf die Französin Audrey Azoulay, die am Freitag als zweite Frau an die Spitze der UNESCO gewählt wurde, warten gewaltige ...

Paris (APA/AFP) - Auf die Französin Audrey Azoulay, die am Freitag als zweite Frau an die Spitze der UNESCO gewählt wurde, warten gewaltige Aufgaben: Die frühere französische Kulturministerin muss die tiefe Spaltung der UN-Organisation kitten und sie neu ausrichten.

Denn die vor einem Monat erklärten Austritte der USA und Israels stellen das Ziel der 1945 gegründeten UNESCO infrage, durch Kultur, Bildung und Wissenschaft den Frieden in der Welt zu fördern. Nach ihrer Wahl versprach Azoulay, „die Einheit der Organisation wiederherzustellen“ und „Spannungen abzubauen“. Sie sagte der Nachrichtenagentur AFP: „Wir müssen wieder einen Konsens über unser kulturelles Erbe herstellen statt uns spalten zu lassen.“

Was die 45-Jährige nicht an politischer Erfahrung hat, muss sie durch Instinkt und diplomatisches Geschick ausgleichen. Denn die Französin mit jüdisch-marokkanischen Wurzeln hat nur ein gutes Jahr als Ministerin für Kultur und Kommunikation unter dem abgewählten französischen Präsidenten François Hollande vorzuweisen. Das Amt hatte sie von Februar 2016 bis Mai 2017 inne, seit 2014 beriet sie den Sozialisten.

Bei der Wahl zur Nachfolgerin der bulgarischen UNESCO-Chefin Irina Bukova - der ersten Frau an der Spitze der UN-Organisation - setzte sich Azoulay unter anderem gegen Kandidaten aus Katar und Ägypten durch. Die arabischen Länder konnten sich im Bruderstreit um Katar nicht einigen, davon profitierte letztlich die Französin.

Zudem half ihr eine beeindruckende Liste von Unterstützern, zu denen der deutsche Regisseur Volker Schlöndorff genauso gehört wie der bekannte britische Theaterregisseur Peter Brook.

Diese Kontakte hat Azoulay nicht nur ihrer kurzen Tätigkeit als Kulturministerin zu verdanken, sondern leitenden Posten beim einflussreichen Nationalen Kino-Zentrum (CNC) in Paris, über das Frankreich seine Autorenfilme fördert und gegen die Konkurrenz aus Hollywood verteidigt.

Durchsetzungsfreudig und humorvoll, so beschreiben sie ihre Unterstützer. Als Absolventin von französischen Elite-Hochschulen wie ENA und Sciences-Po bereitete sich Azoulay auf Führungspositionen vor - das hat sie mit dem sechs Jahre jüngeren Präsidenten Emmanuel Macron gemein, der ihre Kandidatur unterstützte.

Azoulay selbst nennt sich eine „Weltbürgerin mit familiären Bindungen nach Marokko“. Sie wurde am 4. August 1972 geboren, ihr Vater ist der einflussreiche marokkanische Bankier und Politiker André Azoulay, der König Mohammed von Marokko berät wie zuvor auch dessen Vater Hassan. Azoulays Mutter ist die Schriftstellerin Katia Brami.

Ihre jüdischen Wurzeln und ihr marokkanisches Erbe könnten ihr dabei helfen, die Gräben in der UNESCO zu überwinden, die durch die umstrittene Aufnahme der Palästinensergebiete 2011 aufgerissen und durch eine Reihe von Entscheidungen zum Schutz des palästinensischen Kulturerbes noch vertieft wurden. Zu den Austritten der USA und Israels sagte sie AFP: „Die UNESCO muss die Tür offenhalten“ und mit den Zivilgesellschaften der Länder arbeiten.

Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel wünschte ihr bereits nach der Nominierung durch den Exekutivrat vor einigen Wochen „viel Kraft und Mut, die notwendigen Schritte anzugehen, um die UNESCO zu reformieren“. Und Macron erklärte: „Glückwunsch an Audrey Azoulay! Frankreich wird sich weiterhin für die Wissenschaft, Bildung und Kultur weltweit einsetzen.“

Ihr Ziel beschreibt Azoulay in den Worten des verstorbenen französischen Regierungschefs und früheren KZ-Insassen Léon Blum: „Die UNESCO muss das moralische und intellektuelle Gewissen der Menschheit sein.“

~ WEB http://www.unesco.org/new/en/ ~ APA323 2017-11-10/14:21