Deutsche Industrie - Gefahr vor sehr hartem Brexit bleibt hoch

Berlin (APA/Reuters) - Die deutsche Industrie wird angesichts des schleppenden Verlaufs der Brexit-Verhandlungen zwischen der EU und der bri...

Berlin (APA/Reuters) - Die deutsche Industrie wird angesichts des schleppenden Verlaufs der Brexit-Verhandlungen zwischen der EU und der britischen Regierung immer nervöser. „Die Gefahr eines sehr harten Brexits bleibt hoch“, warnte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang am Freitag.

Lang hofft, dass ein Spitzengespräch von Premierministerin Theresa May mit führenden Vertretern europäischer Wirtschaftsverbände am Montag mehr Klarheit über die britischen Vorstellungen zum Ausstieg aus der Europäischen Union und zum künftigen Verhältnis beider Seiten bringt. Die deutsche Wirtschaft brauche Rechtssicherheit und Klarheit, insbesondere, was den Status ihrer Mitarbeiter im Vereinigten Königreich angehe. Angesichts aller Unsicherheiten bereiteten sich die deutschen Unternehmen aber auf alles vor, auch auf einen ungeordneten EU-Ausstieg der Briten. „Alles andere wäre naiv“, sagte Lang.

Das Büro der Premierministerin hatte am Donnerstag einen Reuters-Bericht bestätigt, nach dem May Spitzenvertreter der europäischen Geschäftswelt überraschend zu einem Treffen Anfang kommender Woche in London eingeladen hat. Daran teilnehmen werden von deutscher Seite der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und die Arbeitgebervereinigung BDA.

Die Regierungschefin will dabei das Interesse an engen und starken Bindungen zwischen den Märkten in der EU und Großbritanniens auch nach dem Brexit betonen. Dabei ist ihr eine Übergangsphase von etwa zwei Jahren nach dem für Ende März 2019 geplanten EU-Ausstieg wichtig, um alle Regelungen und Vereinbarungen umzusetzen. Derzeit laufen die Verhandlungen in Brüssel in der sechsten Runde, ohne dass sich größere Fortschritte andeuten.

BDI-Hauptgeschäftsführer Lang beklagt, diese Verhandlungen seien bislang nicht ausreichend vorangekommen. „Wir haben schon jetzt zu viel Zeit verloren“. Dennoch hält er es für nicht ausgeschlossen, das man noch vor Jahresende 2017 in die zweite Verhandlungsphase eintreten könnte, in der es um die Form der künftigen Partnerschaft gehen soll. Bis ein umfassendes Handels-, Investitions- und Wirtschaftsabkommen aber stehe, umgesetzt und ratifiziert sei, wird es nach seiner Ansicht noch Jahre dauern, weit über das Ausstiegsdatum hinaus.

Die Frage, ob es bei den vielen deutschen Firmen, die in Großbritannien engagiert sind, ähnlich wie bei einigen Banken schon konkrete Umzugspläne gebe, ließ Lang offen. Das seien unternehmerische Entscheidungen. „Richtig ist jedenfalls, dass die derzeitigen Unsicherheiten es der Wirtschaft nicht gerade leichter machen“, sagte er. Der europäische Wirtschafts-Dachverband BusinessEurope, der ebenfalls bei dem Gespräch mit May vertreten sein wird, hatte sich kürzlich noch einmal „sehr besorgt“ über die schleppenden Brexit-Verhandlungen geäußert und von der britischen Regierung konkrete Vorschläge und Positionen eingefordert.