Allianz gibt trotz Katastrophenschäden Milliarden an Aktionäre zurück

München (APA/dpa/Reuters) - Die jüngsten Wirbelstürme und Erdbeben werfen Europas größten Versicherer Allianz nicht aus der Bahn. Trotz etwa...

München (APA/dpa/Reuters) - Die jüngsten Wirbelstürme und Erdbeben werfen Europas größten Versicherer Allianz nicht aus der Bahn. Trotz etwas getrübter Gewinnaussichten für 2017 gibt der Dax-Konzern überraschend eine weitere Milliardensumme per Aktienrückkauf an seine Anteilseigner zurück. Der scheidende Finanzchef Dieter Wemmer sprach am Freitag von einer „Ad-hoc-Entscheidung aufgrund des starken Kapitals“.

Dabei hatte sich Vorstandschef Oliver Bäte bisher nicht als Fan solcher Maßnahmen präsentiert. Laut Wemmer hat die Allianz weiterhin genügend Geld, um auch mögliche größere Übernahmen zu stemmen.

Am Finanzmarkt kam dies gut an. Nachdem der Konzern den Rückkauf und Quartalsbericht überraschend schon am Donnerstagabend veröffentlicht hatte, setzte sich die Allianz-Aktie am Freitagvormittag mit plus 0,69 Prozent auf 201,70 Euro an die Spitze des Dax. Seit Jahresbeginn hat sie damit rund 28 Prozent an Wert gewonnen.

Rückenwind erhielten die Papiere bereits von dem Aktienrückkauf über 3 Mrd. Euro, den die Allianz-Spitze im Februar angekündigt hatte. Jetzt will der Konzern von Jänner bis Juni 2018 weitere 2 Mrd. Euro in den Rückerwerb eigener Papiere stecken. Voraussetzung dafür ist, dass das Kapitalpolster - gemessen an der „Solvency II“-Quote - über 160 Prozent bleibt. Ende September lag die Quote bei 227 Prozent. Damit habe die Allianz einen „Puffer über dem Puffer“, sagte Finanzchef Wemmer, der seinen Posten mit Erreichen der Altersgrenze Ende des Jahres an Giulio Terzariol abgibt.

Die Allianz wollte eigentlich viel Geld in die Übernahme anderer Unternehmen investieren. Anfang August gab Bäte schließlich den Einstieg beim britischen Versicherer Liverpool Victoria bekannt - ein Milliarden-Deal. Dennoch sitzt die Allianz weiterhin auf mehr Kapital, als sie nach Überzeugung des Vorstands braucht.

Im dritten Quartal bekam der Konzern die Hurrikan-Serie über dem Atlantik sowie die Erdbeben in Mexiko zu spüren. Bäte erwartet deshalb für 2017 nur noch ein operatives Ergebnis zwischen 10,8 und 11,3 Mrd. Euro. Anfang August hatte er noch in etwa 11,3 Mrd. Euro angepeilt. Wemmer beschrieb den neuen Ausblick als „um eine Nuance“ gesenkt: Wie die Allianz 2017 genau abschneide, hänge auch von Schäden durch die Buschfeuer in Kalifornien ab.

Hauptgrund für den Gewinnrückgang im Sommer waren die Hurrikane „Harvey“, „Irma“ und „Maria“ in den USA und der Karibik. Die Allianz musste insgesamt für Naturkatastrophen-Schäden in Höhe von 529 Millionen Euro geradestehen. Der operative Gewinn fiel deshalb mit 2,5 Mio. Euro rund 17 Prozent geringer aus als ein Jahr zuvor. Der Überschuss sank ebenfalls um 17 Prozent auf 1,6 Mrd. Euro.

Wemmer zufolge hat die Allianz den Großteil der Schäden auf die eigene Kappe genommen - und nur rund 70 Mio. Euro an Rückversicherer wie Munich Re oder Hannover Rück abgegeben. Wenn Rückversicherer zum Jahreswechsel wegen der hohen Schäden wie erwartet an der Preisschraube drehen, will die Allianz dagegenhalten.

Nach Schätzung der Munich Re dürften allein die Hurrikan-Serie die Versicherungsbranche rund 100 Mrd. US-Dollar (86 Mrd. Euro) kosten. Bei der Allianz brach der operative Gewinn in der Schaden-Unfall-Sparte in diesem Zuge um 28 Prozent ein.

Allerdings musste der Konzern auch in den anderen Geschäftsbereichen Gewinnrückgänge hinnehmen. In der Lebens- und Krankenversicherung sank das operative Ergebnis im Jahresvergleich um zehn Prozent - weil weniger Gewinne aus Kapitalanlagen erzielt wurden und ungünstige Wechselkurse in den USA auf die Bilanz drückten. In der Vermögensverwaltung, zu der die US-Tochter Pimco und Allianz Global Investors zählen, fiel der operative Gewinn um drei Prozent geringer aus als ein Jahr zuvor. Allerdings konnte der Konzern in dem Bereich netto neue Kundengelder im Umfang von 32 Milliarden Euro einsammeln.

Wemmer hält einen Verkauf von Lebensversicherungsbeständen an einen professionellen Abwickler nicht für grundsätzlich negativ. Wenn die Finanzaufsicht BaFin ein Auge darauf habe, „sollte das für den Kunden neutral sein, vielleicht sogar leicht positiv“, sagte Wemmer am Freitag in einer Telefonkonferenz. Mehrere große Lebensversicherer wie Ergo und Generali prüfen in Deutschland, ob sich ihre Bestände klassischer Garantie-Polizzen verkaufen lassen. Wemmer kritisierte die Konkurrenten aber für den Umgang mit dem Thema. Die Branche müsse darauf achten, die Lebensversicherung als Produkt nicht durch Negativ-Schlagzeilen zu beschädigen. Zuletzt waren in der Politik Rufe laut geworden, den Verkauf von Versicherungsportfolien zu regulieren.

Die Allianz will an ihren Beständen festhalten und das Neugeschäft nicht einstellen. „Wir haben in Europa keine Pläne, ein Geschäft in den Run-off zu setzen“, betonte Wemmer.

~ ISIN DE0008404005 WEB https://www.allianz.com/de/ ~ APA333 2017-11-10/14:33