„Taxi Driver“ und „Good Fellas“ - Martin Scorsese dreht mit 75 auf
Hollywood (APA/dpa) - Wenige Wochen vor seinem 75. Geburtstag hat Martin Scorsese ein weiteres Regieprojekt in Angriff genommen. Seit Ende S...
Hollywood (APA/dpa) - Wenige Wochen vor seinem 75. Geburtstag hat Martin Scorsese ein weiteres Regieprojekt in Angriff genommen. Seit Ende September dreht der Oscar-Preisträger den Mafiathriller „The Irishman“. Dazu hat er ein altbewährtes Traum-Team zusammengetrommelt. Neben Robert De Niro und Al Pacino spielen auch Joe Pesci und Harvey Keitel mit.
Der schmächtige New Yorker mit der dicken Hornbrille, der am Freitag (17. November) den 75. Geburtstag feiert, packt damit seinen ersten Gangsterstreifen in mehr als zehn Jahren an. Zudem ist es 22 Jahre her, dass er seinem langjährigen Hauptdarsteller De Niro Regieanweisungen gab. Acht Filme drehte das Erfolgsduo bereits zusammen, darunter „Taxi Driver“, „Wie ein wilder Stier“, die Mafia-Dramen „Hexenkessel“, „Good Fellas“ und zuletzt 1995 „Casino“.
De Niro wird sich in den Auftragsmörder Frank ‚The Irishman‘ Sheeran verwandeln, dem nachgesagt wird, mehr als 25 Morde begangen zu haben. Im Auftrag der Mafia soll er auch den US-Gewerkschaftsführer Jimmy Hoffa (Al Pacino) getötet haben. Damit dürfte der Krimi-Spezialist Scorsese ganz in seinem Element sein. Filmproduzent Randall Emmett postete Anfang November auf Instagram ein Foto des Star-Regisseurs bei den Dreharbeiten, mit dem Kommentar „Der Meister bei der Arbeit“. Für die Fans gibt es nur einen Wermutstropfen - der aufwendig produzierte Streifen soll erst im Jahr 2019 in die Kinos kommen.
Mit 75 Jahren ist Scorsese nicht zu bremsen. Er plant auch schon seine nächste Zusammenarbeit mit Leonardo DiCaprio, den er in „Roosevelt“ in der Rolle des früheren US-Präsidenten Theodore Roosevelt vor die Kamera holen will. Es wäre ihre sechste Teamarbeit, nach „Gangs of New York“, „Aviator“, „Departed - Unter Feinden“, „Shutter Island“ und zuletzt dem Börsen-Thriller „The Wolf of Wall Street“.
Auf Hollywoods schönstes Geburtstagsgeschenk hatte Scorsese eine Ewigkeit warten müssen. In dem Jahr, in dem das Regie-Genie 65 Jahre alt wurde, holte er im achten Anlauf seinen längst überfälligen ersten Oscar. Bei der Trophäen-Gala 2007 konnte es Scorsese - auf der Bühne zu Tränen gerührt - kaum glauben. „Das war wirklich eine totale Überraschung“, beteuerte der Italo-Amerikaner mit dickem New Yorker Akzent nach seinem Sieg für „The Departed: Unter Feinden“. „Ich bin es einfach nicht gewohnt zu gewinnen.“
In der Aufregung vergaß Scorsese damals nicht, seinem langjährigen Kameramann, dem Deutschen Michael Ballhaus, ausdrücklich zu danken. Es war ihr siebenter gemeinsamer Film, nach Meisterwerken wie „Die Farbe des Geldes“, „Good Fellas“, „Zeit der Unschuld“ und „Gangs of New York“. Im vergangenen April, nach dem Tod des Berliner Kameramanns im Alter von 81 Jahren, sprach Scorsese von einem „schweren Verlust“. Mehr als 20 Jahre lang habe er mit Ballhaus eine „sehr kreative Partnerschaft und eine sehr enge, fortwährende Freundschaft“ gehabt, sagte der Regisseur.
Scorsese, 1942 als Sohn sizilianischer Arbeiter geboren, wuchs im New Yorker Italienerviertel „Little Italy“ auf. Er litt an Asthma, und schon als kränkelnder Bub entdeckte er seine Liebe zum Film. „Ich durfte nicht an sportlichen Betätigungen teilnehmen. Nicht einmal draußen auf der Straße mit anderen Kindern herumrennen. Mein Arzt verbot mir sogar heftiges Lachen“, erzählte Scorsese im März im „Playboy“-Interview. „Also zog ich mich häufig in mein Schneckenhaus zurück und war sehr oft allein.“ Während seiner Kindheit habe er so „ganz feine Antennen“ dafür entwickelt, was um ihn herum geschehen sei.
Zeitweise wollte er Priester werden, doch dann entschied er sich für ein Studium der Filmwissenschaften und jobbte nebenher als Cutter und Regieassistent. Mit Steven Spielberg, Francis Ford Coppola und George Lucas baute er in den 1970er Jahren das „New Hollywood“ auf.
„Hexenkessel“, eine Milieustudie über das harte Leben in den Straßen von New York, brachte Scorsese 1973 das Lob der Kritiker ein. Zu diesem Zeitpunkt begann auch die enge Zusammenarbeit mit De Niro, mit dem er 1976 „Taxi Driver“ drehte. Für das geniale Porträt eines verbitterten Vietnamkämpfers bekam Scorsese die „Goldene Palme“ in Cannes. „Taxi Driver“ erhielt vier Oscar- Nominierungen, darunter als bester Film, verlor aber gegen Sylvester Stallones „Rocky“ - eine Entscheidung, die Scorsese-Fans der Oscar-Akademie nie verziehen haben.
Mit dem Box-Drama „Wie ein wilder Stier“ holte sich Scorsese 1980 die erste von insgesamt acht Oscar-Nominierungen als bester Regisseur, zuletzt konnte er 2014 mit „The Wolf of Wall Street“ auf Hollywoods höchsten Preis hoffen. Doch nicht alle Scorsese-Filme kamen bei den Zuschauern an. Sein lang gehegtes Herzensprojekt „Silence“ (2016) über zwei Jesuitenpriester, die im 17. Jahrhundert auf der Suche nach einem Mentor nach Japan reisen, floppte an den Kinokassen.
Der dreifache Vater, der 1999 zum fünften Mal heiratete, folgt mit 75 Jahren noch einer neuen Berufung. Anfang 2018 will er als Lehrer seine Filmerfahrungen teilen. Wie das amerikanische Start-up „MasterClass“ kürzlich mitteilte, hält Scorsese damit sein erstes Online-Seminar mit Tipps zum Geschichten erzählen, über Schnitt-Techniken bis zum Umgang mit Schauspielern ab. Er wolle jungen Menschen helfen, ihren Weg zu finden, sagt Scorsese in einem Video. Er selbst habe durch einen Lehrer das Selbstvertrauen gewonnen, Filmemacher zu werden.