Borut Pahor - Blaues Auge für den „positiven Populisten“
Ljubljana (APA) - Und wieder einmal muss sich der slowenische Präsident Borut Pahor neu erfinden. Die Schmach einer Niederlage gegen den Nob...
Ljubljana (APA) - Und wieder einmal muss sich der slowenische Präsident Borut Pahor neu erfinden. Die Schmach einer Niederlage gegen den Nobody Marjan Sarec ist dem Amtsinhaber am Sonntag zwar erspart geblieben, aber seine Politik des „positiven Populismus“ ist wohl passe. Fast wäre der „Instagram-Präsident“ über einen Ex-Komiker gestolpert, der ihm mangelnde Ernsthaftigkeit vorgeworfen hatte.
Pahor versuchte sein mageres Ergebnis von 53 Prozent gegen den parteilosen Lokalpolitiker Sarec am Sonntagabend schönzureden. Als erster Präsident seit 20 Jahren sei er für eine zweite Amtszeit bestätigt worden, sagte er. Auch international seien Amtsinhaber jüngst reihum abgewählt worden. Dass dies in Slowenien nicht passiert sei, sei ein „ermutigendes Signal“. Etwas viel Bescheidenheit für einen Politiker, der eigentlich schon den ersten Wahlgang gegen insgesamt acht Herausforderer mit 60 Prozent hätte gewinnen sollen.
Immerhin gelang es Pahor, die beginnende Negativspirale nach dem ersten Wahlgang vor drei Wochen abzufangen, als ihn Sarec überraschend in die Stichwahl gezwungen hatte. So mancher Beobachter zog schon Vergleiche zur Präsidentenwahl 2012, als Pahor Amtsinhaber Danilo Türk in der Stichwahl deklassierte.
Vielen Slowenen missfiel es, dass sich Pahor als Präsident politisch abzumelden schien. Statt mahnend das Wort zu ergreifen, pflegte er mit mehr oder weniger gelungenen Schnappschüssen seinen Instagram-Account. Damit setzte er sich zwar an die Spitze der Beliebtheitsskalen, empfahl sich aber nicht gerade zur Wiederwahl. 37 Prozent der Slowenen bezeichneten ihn als nett, nur zwölf Prozent als Mann der Tat.
Die Kritiker werfen Pahor vor, durch seinen Stil das Präsidentenamt trivialisiert zu haben. „Er ist das schlimmste, was der slowenischen Politik geschehen ist. Er hat es geschafft, die Politik zu depolitisieren“, meint der Politikexperte Vlado Miheljak. Eine Gruppe angesehener Intellektueller warf ihm im Wahlkampfendspurt in einem offenen Brief vor, das Amt des Präsidenten entwertet und sinnentleert zu haben. Sowohl der legendäre postkommunistische Präsident Milan Kucan als auch der konservative Oppositionsführer Janez Jansa schossen sich auf Pahor ein.
Pahor ließ die schon seit Jahren geäußerte Kritik zunächst abprallen, im Wahlkampffinish versuchte er aber einen Imagewechsel. Plötzlich kehrte er den seriösen und weltgewandten Politiker hervor und warnte davor, das Präsidentenamt Sarec zu überlassen, weil unter diesem eine „Spaltung“ des Landes drohe.
Am Wahlabend machte Pahor klar, dass er seine Lektion aus dem Duell mit dem politischen Quereinsteiger gelernt hat. Die vielen Stimmen für den Klartext-Politiker Sarec zeigten, dass die Menschen unzufrieden seien und vom direkt gewählten Präsidenten erwarten, „dass er sich öfter zu Wort meldet“, sagte Pahor. „Ich werde meinen Stil nicht völlig ändern, aber ich werde öfter mein Wort erheben.“
Mit Spannung darf erwartet werden, ob Pahor inhaltlich klarer Position beziehen wird. Bisher hatte er es geschafft, bei den wichtigsten Streitfragen eine neutrale oder gar keine Position einzunehmen. Als Präsident wolle er keine moralische Autorität sein, sondern das Land verbinden.
Abschreiben sollte man den passionierten Marathonläufer nicht. Schließlich hatte Pahor schon mehrere Durststrecken durchlebt und überwunden. Im Jahr 2008 hatte er die Sozialdemokraten zu einem Erdrutschsieg bei den Parlamentswahlen geführt, doch versank seine Mitte-Links-Regierung bald in internem Streit und Affären. Im Jahr 2011 zerfiel die Koalition, und Pahors Sozialdemokraten schlitterten bei vorgezogenen Neuwahlen in ein Debakel.
Von seiner Partei in die Wüste geschickt, konnte Pahor endlich für jenes Amt kandidieren, das er seit Beginn seiner Karriere angestrebt hatte. Was folgte, war das spektakulärste politische Comeback der slowenischen Geschichte. Nur ein Jahr, nachdem ihn die Slowenen mit Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt hatten, wählten sie ihn im November 2012 mit 67 Prozent der Stimmen zum Präsidenten. Damals war er kreuz und quer durchs Land getourt und zwei Monate lang jeweils einen Tag in eine andere Rolle geschlüpft, war Straßenarbeiter, Müllmann, Schwimmlehrer, Förster, Pfleger im Altersheim, Architekt, Automechaniker, Radiomoderator und Bäcker. Über die populistische Masche, die ihm damals den Sieg brachte, wäre er nun fast gestolpert.
Pahor kann auf eine 30-jährige politische Laufbahn zurückblicken: Vor der Wende war der Vorzugsschüler aus dem westslowenischen Sempeter pri Gorici das jüngste Mitglied im kommunistischen Politbüro, 1997 übernahm er 33-jährig den Vorsitz der ehemaligen Staatspartei und formte die „Vereinigte Liste“ zu einer modernen sozialdemokratischen Partei um. Pahor war Parlamentspräsident (2000-2004) und Europaabgeordneter (2004-2008).