Übung macht den Hunde-Meister
Die Such- und Lawinenhundestaffel aus Kitzbühel und Kufstein bereitet sich auf den Winter vor.
Oberndorf –Im Hangar sitzt Schäferhund „Asta“ vor dem Notarzthubschrauber „Christophorus 4“. Herrchen Sebastian Antretter hat ihm gerade einen Maulkorb umgebunden. „Damit die Hunde in der engen Kabine auch bei einer unvorhersehbaren Stressreaktion niemanden ernsthaft verletzten können“, flüstert ein Bergretter, der die Übung beobachtet. Als die Tür des Hubschraubers geöffnet wird, führt Antretter seinen Hund binnen weniger Sekunden zu dem Fluggerät und steigt mit ihm ein. Tür zu. Anschnallen. Übung abgeschlossen.
Die Such- und Lawinenhundestaffel der Bergrettung Tirol, Gruppe Kitzbühel-Kufstein, trainierte am vergangenen Samstag am ÖAMTC-Stützpunkt in Oberndorf den Ernstfall. Das Ein- und Aussteigen beim Fluggerät gehört genauso dazu wie das Absetzen mit der Rettungswinde. Denn neben der eigentlichen Sucharbeit im Schnee müssen die Hunde grundlegende Abläufe lernen, die sie auch später als Lawinenhund erleben. „Diese Situationen sind ungewohnt für den Hund und oft mit Stress verbunden. Deshalb ist es wichtig, sie daran zu gewöhnen“, erklärt Bezirksleiter Stefan Fuchs.
Die Gruppe Unterland ist mit acht Einsatzhunden gut aufgestellt, zwei befinden sich noch in der Ausbildung, darunter Stefan Fuchs’ Schäferhund „Malu“. Die neun Monate alte Hündin hat schon im Welpenalter spielerisch mit der Ausbildung angefangen. „Zwei Jahre dauert es in der Regel, bis ein Hund einsatzbereit ist“, meint der 47-Jährige aus Itter. Nach etwa zehn Jahren dürfen die Hunde in Pension gehen. Die Zeit als Such- und Lawinenhund hat bis dahin aber ihre Spuren hinterlassen. „Einsatzhunde haben eine um zwei bis drei Jahre verkürzte Lebenserwartung.“
Zu zehn bis 15 Einsätzen rücken die Hundeführer der Gruppe Unterland durchschnittlich im Jahr aus. Nicht immer können sie vermisste Personen rechtzeitig retten. Wie geht man damit um? „Reden ist wichtig. Wenn jemand aber gar nicht damit klarkommt, steht professinelle Hilfe zur Verfügung“, sagt Fuchs, der durch ein einschneidendes Erlebnis gelernt hat, mit dem Tod umzugehen. „Zwei meiner besten Freunde sind 2003 in Peru von einer Lawine verschüttet worden. Ich habe mich damals viel mit dem Sterben beschäftigt. Heute weiß ich, wie ich Sterbefälle verarbeiten kann.“
Doch es gibt auch diese Glücksmomente, welche die Bergretter immer wieder motivieren. So einen erlebten Antretter und Fuchs am 15. Jänner dieses Jahres. „Ein 19-Jähriger wurde auf der Hohen Salve von einer Lawine verschüttet.“ Erst nach 30 Minuten konnte Hund „Asta“ den jungen Mann, der kein LVS-Gerät bei sich hatte, finden. „Wir haben ihn lebend bergen können.“ Ein kleines Wunder. Denn laut Experten sinkt nach 15 Minuten die Überlebenschance rapide.
Ab Lawinenwarnstufe 3 ist der Christophorus-Stützpunkt in Oberndorf am Wochenende standardmäßig mit einem Hundeführer besetzt. Ansonsten sind die Bergretter mittels Pager und SMS erreichbar. Die Leitstelle entscheidet, welches Duo der Hundestaffel das nächstgelegene ist, und schickt einen Hubschrauber, um Hund und Herrchen aufzunehmen.
Die gemeinsamen Einsätze schweißen zusammen, das ist auch bei „Asta“ und Bergretter Sebastian Antretter zu sehen. Die beiden sind eine Partnerschaft gegen den Tod eingegangen – und eine Freundschaft fürs Leben. (miho)