Zermatt

Europas höchste Baustelle: Ein ganz besonderer Arbeitsplatz

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Die höchste Baustelle Europas befindet sich in Zermatt. Dort wird auf das Klein Matterhorn (3883 m) eine neue 3S-Seilbahn des Südtiroler Seilbahnherstellers Leitner gebaut. Doch die Pläne gehen noch viel weiter.

Von Irene Rapp

Zermatt –An diesem Tag haben die Arbeiter auf Europas höchster Baustelle Schwerst- einsatz: 0,5 Meter Neuschnee sind gefallen, der Wind bläst mit 120 km/h um das Klein Matterhorn oberhalb des weltbekannten Schweizer Ortes Zermatt. Wobei, Schwerst- einsatz leisten die rund 70 Männer, die in dieser Höhe im Einsatz sind, jeden Tag.

„Die Höhe“, gibt Olivier Geser, Montage-Leiter des Südtiroler Seilbahnherstellers Leitner, das Stichwort. Aufgrund des verringerten Sauerstoffgehalts sei man nicht mehr so leistungsfähig, dazu kämen mögliche Temperaturen von bis zu minus 20 Grad. „Dann lassen wir die Männer schon einmal ein, zwei Tage daheim“, sagt Anton Lauber, Bauleiter der Zermatt Bergbahnen. Und wer sich an diesem verhangenen Novembertag an der Bergbahnstation Trockener Steg auf die Baustelle der 3S-Seilbahn hinauswagt, weiß, dass das kein Fehler ist.

2015 haben die Zermatt Bergbahnen mit dem Megaprojekt begonnen: Zwar gibt es seit 1979 auf das Klein Matterhorn eine Pendelbahn, die im Winter Skifahrer und im Sommer Hochtourengeher oder Ausflugsgäste heraufbringt. Doch diese ist wetterbedingt oft nicht einsatzbereit – so wie an diesem Tag – und befindet sich im Sommer lange in Revision. Zudem gibt es oft Wartezeiten an der Bergstation Trockener Steg. Die 3S-Seilbahn vom Trockenen Steg (2923 m) auf das Klein Matterhorn (3821 m) soll das ab 29. September 2018 ändern.

So soll es am Gipfel des Klein Matterhorn ab September 2018 aussehen.
© Zermatt Bergbahnen

Bis dahin wird Anton Lauber wohl noch die eine oder andere weitere schlaflose Nacht haben. Denn die Arbeiten gestalteten sich bislang schwieriger als gedacht. Für die drei Stützen der neuen Bahn waren in dem Moränengelände gewaltige Aushubarbeiten notwendig, 5400 Lkw-Ladungen Geröll mussten entfernt werden. Allein für die Stütze 2 (von 3) wurden 884 Kubikmeter Beton für die Fixierung in dem hochalpinen Gelände verarbeitet. Beton, der wie das dazu notwendige Wasser erhitzt werden musste, damit die Materialien beim Transport nicht in einen Temperaturbereich fallen, der eine Verwendung unmöglich macht. „Auch die Logistik ist Schwerstarbeit“, berichtet Geser.

Von der italienischen Seite herauf errichtete man eine Seilbahn, um den Warentransport zu erleichtern. Doch in dieser Höhe mit wenig Platz ist diese Arbeit schwieriger als etwa bei der Gletscherbahn in Neustift. Dort wurde 2016 ebenfalls eine 3S-Bahn der Firma Leitner eröffnet. Geser war bereits im Stubaital im Einsatz. „Dort liegt die Bergstation auf 2900 Metern aber so hoch wie hier die Talstation“, lacht er. Und es gibt noch einen zweiten Bezug von Nordtirol zu Zermatt: Teile der neuen Bahn wurden in der Leitner-Niederlassung in Telfs gebaut, wie etwa die Motoren.

Rund 55 Millionen Franken kostet das Mammutprojekt – die höchste 3S-Seilbahn der Welt – den Zermatt Bergbahnen. Innerhalb von sieben Monaten erhielt man alle Bewilligungen, die Umweltauflagen sind hoch. So wurde etwa genau angeordnet, wo das Aushubmaterial im Gelände deponiert werden darf. „Wir wollen uns als Top-Skigebiet der Welt positionieren“, sagt Markus Hasler, CEO der Bergbahnen. Denn die Pläne gehen weiter: Gemeinsam mit der italienischen Seite des Skigebietes will man vor allem dem Gast aus Asien, der immer wichtiger wird, die höchstmögliche Alpenüberquerung bieten.

In wenigen Jahren soll es ausgehend vom Ort Breuil-Cervinia (Italien) über den Testa Grigia (3479 m) ebenfalls eine Seilbahn auf das Klein Matterhorn geben. Der asiatische Gast könnte dann von Italien aus mit der Bahn über das Klein Matterhorn in die Schweiz fahren und weiter durch Europa reisen. Hasler denkt aber noch weiter, nämlich an einen Zusammenschluss mit dem Monte-Rosa-Skigebiet. „Dann wären wir eines der größten Skikarusselle der Welt.“

Neue Lifte, mehr WLAN und Pisten-Navi am Handy

Innsbruck — Trotz kilometerlangen Staus machten sich am Samstag tausende Skifahrer auf den Weg Richtung Stubaier Gletscher. Die Parkplätze waren voll, die Wartezeiten vor der 2016 errichteten 3S-Bahn hielten sich trotzdem in Grenzen. Im Gegensatz zur Straße konnte die Kapazität für die Strecke vom Tal auf den Berg erhöht werden. Damit Skifahrer-Staus auch in anderen Skigebieten der Vergangenheit angehören, haben viele in neue Aufstiegshilfen investiert — Ischgl mit einer 6er-Sesselbahn oder Kitzbühel, wo die neue 8er-Sesselbahn Jufen einen 3er-Sitzer ersetzt.

Sitzheizung versteht sich fast schon von selbst, aber kaum ein Neubau kommt auch ohne Internet aus „Die meisten Skigebiete bieten WLAN bereits an. Wichtig sind nunmehr eine aktive Einbindung der Gäste auf alle gängigen social-media-Plattformen und zeitgemäße Highlights“, sagt Franz Hörl, Obmann des Fachverbandes Seilbahnen, .

Eine Facebook-Gondel, in der eine installierte Kamera von Gästen ein Foto macht und mit der Welt teilz, bietet die Zillertal Arena an. Ein Pisten-Navi fürs Handy, mit dem man sich durchs Skigebiet leiten lassen kann, hat Obergurgl im Angebot, Mayrhofen zieht heuer mit einer App nach.

Bei den 700 Millionen Euro, die heuer von Tirols Seilbahnern und Gastronomen investiert wurden, stechen einige Großprojekte heraus: darunter die Patscherkofelbahn, die Dorf-Bahn neu in Serfaus-Fiss-Ladis und die James-Bond-Erlebniswelt, die in diesem Winter in Sölden beim Gaislackkogl eröffnet wird. (chris)

Arbeiten bei der Talstation – gleich nebenan ragt das stolze Matterhorn in die Höhe.
© Zermatt Bergbahnen