Erwerbstätige könnten bald Studiengebühren zahlen
Studiengebühren-Befreiung für berufstätige Langzeitstudenten könnte ab dem Wintersemester 2018/19 auslaufen.
Wien –Erwerbstätige Studierende, denen bisher ab einer bestimmten Jahreseinkommensgrenze die Studiengebühren erlassen wurden, könnten künftig zur Kasse gebeten werden. Grund ist eine vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) gekippte Bestimmung. Laut Standard war die Regelung bereits im Dezember des vergangenen Jahres wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz als verfassungswidrig aufgehoben worden.
Der VfGH empfahl der Regierung, das Gesetz bis zum 30. Juni 2018 zu reparieren. Doch das wurde bis heute nicht durchgeführt, das Wissenschaftsministerium lässt die Regelung stattdessen offenbar auslaufen. Im Ministerium verwies man auf APA-Anfrage auf die Koalitionsgespräche. Ob es noch zu einer Reparatur komme, entscheide die künftige Bundesregierung.
Hintergrund der VfGH-Entscheidung ist die Beschwerde einer sowohl selbstständig als auch unselbstständig berufstätigen Langzeitstudentin der Uni Wien. Sie legte, nachdem sie die vorgesehene Studienzeit überschritten hatte, Beschwerde ein, weil ihr Gebühren vorgeschrieben wurden. Ihr Antrag auf einen Erlass wurde vom Rektorat der Uni Wien abgewiesen, da sie im Jahr keine über der 14-fachen Geringfügigkeitsgrenze (5683,72 Euro pro Jahr) liegenden Gesamteinkünfte nachweisen konnte. Ihr Steuerbescheid fiel wegen Sonderausgaben im Bereich der selbstständigen Einkünfte geringer aus.
Der VfGH kam aber zur Auffassung, dass diese Passage gleichheitswidrig ist. Die Befreiung solle nach den Intentionen des Gesetzes jenen Studenten zugutekommen, die aufgrund ihrer beruflichen Belastung weniger Zeit für ihr Studium aufwenden.
Kritik kommt von der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH): „Wer neben dem Studium auch arbeiten muss, hat es ohnehin schwer. Darauf müssen Gesetze Rücksicht nehmen“, so die stellvertretende ÖH-Vorsitzende Hannah Lutz (VSStÖ).
Das Gesetz müsse rasch repariert werden, forderte SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl. Es sei „absolut nicht einzusehen, warum Berufstätige, die arbeiten, Steuern zahlen und wegen ihrer Erwerbstätigkeit nicht in Mindestzeit studieren können, bestraft werden“. Sie kritisiert Wissenschaftsminister Harald Mahrer (ÖVP), der bisher „absolut untätig geblieben“ sei. Kuntzl vermutet, dass man die Regelung „bewusst“ auslaufen lassen wolle „und damit auch ein Einfallstor für allgemeine Studiengebühren aufmacht“.
Auch AK-Präsident Rudolf Kaske forderte, dass der Nationalrat die Studiengebührenregelung „am besten gestern ändern“ solle. (APA, TT)