CSU

Horst Seehofer: Angezählt

Horst Seehofer versucht das Unausweichliche hinauszuschieben. Doch seine Tage als CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident sind gezählt.
© Reuters/Michaela Rehle, iStock:

Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl ist in Bayern ein Machtkampf um die Nachfolge von CSU-Chef und Ministerpräsident Horst Seehofer ausgebrochen. Die Wähler vertreibt’s.

Von Gabriele Starck

München –Es sind Lostage für Deutschland, für Bayern gar in zweifacher Hinsicht. Wenn sich in Berlin in der Nacht auf morgen entscheidet, ob sich vier Parteien zu einer schwarz-gelb-grünen Regierung zusammenraufen wollen, beginnt der Countdown für den Parteichef der kleinsten Fraktion im Verhandlungsquartett: CSU-Chef Horst Seehofer.

In Bayern ist ein parteiinterner Machtkampf ausgebrochen, dessen Ausgang ungewiss ist. Klar ist nur: Seehofer hat kaum noch Rückhalt und wohl auch keine politische Zukunft mehr. Das historisch schlechte Ergebnis bei der Bundestagswahl – die CSU erhielt 38,8 Prozent der Stimmen in Bayern, nur dort tritt sie ja an – hat die längst im Hintergrund schwelenden Nachfolgediskussionen so richtig angefacht.

Zuerst waren es die fränkischen Vertrauten rund um Seehofers Lieblingsparteifeind Markus Söder, die zu sticheln begannen und den Abgang des Parteichefs und Ministerpräsidenten forderten. Irgendwann gesellten sich vereinzelte Oberbayern hinzu und zu guter Letzt auch die Junge Union Bayern.

Jetzt geht es eigentlich nur noch darum, wer sich durchsetzt und Seehofer folgt: Die fränkische oder die bayerische CSU-Hälfte? Jene, die nach rechts rücken wollen, oder die, die einem moderaten Kurs das Wort reden, um nicht die letzten Bürgerlichen zu vertreiben? Wird es eine Doppelspitze geben, um Söders Macht zu beschränken, wenn er Ministerpräsident wird? Oder werden dies die schlechten Erfahrungen mit der Doppelspitze Erwin Huber und Günther Beckstein, die 2008 den erstmaligen und bislang einzigen Verlust der Absoluten im Landtag zu verantworten hatte, verhindern.

Dieses seit Wochen andauernde Tauziehen um Personen und Inhalte hat die CSU in der Gunst der Bayern weiter abstürzen lassen. Nur noch 36 Prozent würden den Christsozialen im Bund ihre Stimme geben. 72 Prozent der Bayern wünschen sich laut Forsa-Umfrage Seehofers Rücktritt von allen Ämtern.

Wann diese Selbstzerstörungsprozesse ein Ende finden, weiß derzeit niemand. Ursprünglich war für dieses Wochenende ein Parteitag geplant, doch angesichts der sich ziehenden Sondierungsgespräche in Berlin verschob ihn Seehofer auf irgendwann im Dezember.

Allzu lange wird allerdings nicht mehr gewartet werden, um die Nachfolgefrage zu klären. Kommenden Herbst stehen Landtagswahlen an. „Ich bin davon überzeugt, dass von der derzeitigen Diskussion niemand profitiert – und das Bild, das wir abliefern, ist katastrophal“, mahnte die stv. Ministerpräsidentin und CSU-Vorsitzende der mächtigen Bezirksgruppe Oberbayern, Ilse Aigner.

Sobald in Berlin die Entscheidung für oder gegen die Jamaika-Koalition gefallen ist, ist Seehofer jedenfalls seinen Gegnern ausgeliefert. Vielleicht macht man ihn bereits bei der Parteivorstandssitzung am Samstag dafür verantwortlich, dass die CSU ihre Positionen in Berlin nicht durchsetzen konnte, oder dafür, dass die Sondierungen gescheitert sind.

Und egal, wie der Machtkampf ausgeht: Zumindest bis die Landtagswahl im Herbst geschlagen ist, werden die Bayern Merkel und Co. in Berlin das Leben mit Querschüssen weiter schwer machen.