Volle Gefängnisse in Uganda - Häftlinge und Wärter leiden gemeinsam
Kampala/Arua (APA) - Gelb und Orange leuchtet es im Hof des Bezirksgefängnisses von Arua im Norden Ugandas. In ihren grellen Uniformen sitze...
Kampala/Arua (APA) - Gelb und Orange leuchtet es im Hof des Bezirksgefängnisses von Arua im Norden Ugandas. In ihren grellen Uniformen sitzen die Häftlinge am Boden, schöpfen Wasser aus einem Brunnen, ein paar führen unter einer kleinen Überdachung Tischler- oder Näharbeiten aus.
„Wir sind total überfüllt“, sagt Frank Baine, Sprecher der ugandischen Gefängnisverwaltung, in seiner rostfarbenen mit viel Firlefanz verzierten Uniform. Ein Kollege vom Wachpersonal rechnet vor: Es gibt derzeit 874 Insassen. Gebaut wurde die Männerhaftanstalt für 270.
In den sechs Zellenblöcken schlafen die Häftlinge am Boden auf engstem Raum nebeneinander auf dünnen Decken. Seit drei Jahren gibt es in etwa zwei Wasserklosetts pro Block à 145 Insassen. Davor mussten die Häftlinge ihre Notdurft in Kübeln verrichten.
Eine Trennung zwischen Schwerverbrechern und Kleinkriminellen gibt es nicht. Verurteilte Mörder sitzen neben Männern ein, die quasi in den Schuldturm geworfen wurden, und Untersuchungshäftlingen, die oft seit Jahren - und viel länger als es das Gesetz erlaubt - auf ihren Gerichtsprozess warten. Manche der Männer haben psychische Probleme. „Wir können diesbezüglich leider nicht viel tun“, meint Baine lapidar.
„Wir werden hier wie Müll abgeladen“, hebt der U-Häftling Joseph A. die Stimme.“Manchmal dauert es zwei oder gar fünf Jahre, bis man seinen Prozess bekommt.“ Der 40-Jährige, der seinen Beruf mit „Lehrer“ angibt, ist wegen eines Mordes im Jahr 2014 angeklagt und weiß, wovon er spricht. „Die Regierung sagt, dass es zu wenig Geld gibt“, wirft ein Mitgefangener ein. Selbst der Transport Beschuldigter zu Gerichtsterminen ist ein Problem.
Am Tag halten sich die Gefangenen im Hof auf, sie singen zur Adungu, einer Art kleinen Harfe, spielen Fußball oder Karten. Die Plätze für Holz-, Metall- und andere Handarbeiten sind viel zu wenig. Es gibt eine Hobelbank und eine Nähmaschine für Hunderte. Am Abend sind die Männer in den Zellenblöcken eingepfercht.
Die Gefangenen haben ein „Memorandum“ mit ihren Anliegen an die Regierung aufgesetzt. Die wichtigsten Punkte: Überfüllung, zu lange U-Haftzeiten, unzureichende Versorgung mit Wasser und Strom, kaum Möglichkeiten, sich fortzubilden. Zudem gehe eine Hautkrankheit um, beklagen Häftlinge. Es gebe zu wenig Kontakt mit Angehörigen, zu wenig Mittel für einen Anwalt.
Die Lage sei angespannt, sollte man denken. Doch die Wärter bleiben ruhig, spricht man das Potenzial für Proteste oder für einen Gefängnisaufstand an. Dabei trägt das Personal innerhalb der Haftanstalt - für Österreich undenkbar - weder Schusswaffen noch Schlagstöcke. Nur draußen um das Gefängnis sind ein paar Beamte mit Kalaschnikows postiert.
Die Aufseher kommen sichtlich gut mit den Häftligen aus. Sie lachen und schäkern sogar miteinander herum. „Sie sind fast wie Familienmitglieder für uns“, formuliert es ein Wachmann. Natürlich gebe es manchmal Reibereien unter den Gefängnisinsassen. „Schwere Strafen“ für Gewalt sowie eine Gefängnishierarchie mit Informanten, die Aggressionsausbrüche sofort melden, sorgten aber für Ruhe. Die tägliche Arbeit der Wächter bestehe vor allem auch daraus, den Gefangenen unermüdlich zu erklären, warum die Zustände sind, wie sie sind.
„Sie tun, was sie können. Sie machen einen guten Job“, gesteht Emmanuel O., der federführend am „Memorandum“ mitgearbeitet hat, dem Wachpersonal zu. „Sie können nichts dafür.“ Schließlich haben auch die Vollzugsbeamten eine Liste mit „Herausforderungen“ erstellt: Überfüllung, zu lange U-Haftzeiten, unzureichende Ausstattung. Ihre Forderungen sind deckungsgleich mit den Insassen.