EU-Sozialgipfel - Die europäische Säule sozialer Rechte
Göteborg/Brüssel (APA) - Die EU-Staats- und Regierungschefs unterzeichnen am Freitag in Göteborg die sogenannte europäische Säule sozialer R...
Göteborg/Brüssel (APA) - Die EU-Staats- und Regierungschefs unterzeichnen am Freitag in Göteborg die sogenannte europäische Säule sozialer Rechte. „Die Union bekämpft soziale Ausgrenzung und Diskriminierungen und fördert soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz, die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Solidarität zwischen den Generationen und den Schutz der Rechte des Kindes“, heißt es in der Präambel.
Die Erklärung selbst gliedert sich in drei Kapitel: 1) Chancengleichheit und Arbeitsmarktzugang, 2) faire Arbeitsbedingungen und 3) Sozialschutz. Geregelt wird darin u.a.:
„Jede Person hat Recht auf allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen von hoher Qualität.“
Frauen und Männern sollten in allen Bereichen gleich behandelt werden und haben Recht auf gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit.
Chancengleichheit im Hinblick auf Beschäftigung, sozialen Schutz und Bildung sei unabhängig von Geschlecht, Rasse oder ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung verbrieft.
Jeder Mensch habe Recht auf Unterstützung bei der Arbeitssuche, Fortbildung und Umschulung.
Junge Menschen sollen innerhalb von vier Monaten, nachdem sie arbeitslos geworden sind oder ihre Ausbildung abgeschlossen haben, einen Ausbildungsplatz, eine Weiterbildungsmaßnahme oder ein Beschäftigungsangebot erhalten.
Langzeitarbeitslosen hätten spätestens nach 18-monatiger Arbeitslosigkeit das Recht auf eine umfassende individuelle Bestandsaufnahme.
„Ungeachtet der Art und Dauer des Beschäftigungsverhältnisses haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Recht auf faire und gleiche Behandlung im Hinblick auf Arbeitsbedingungen sowie den Zugang zu sozialem Schutz und Fortbildung.“
Im Einklang mit der Gesetzgebung und Kollektiv- bzw. Tarifverträgen soll die notwendige Flexibilität für Arbeitgeber gewährleistet sein, damit sie sich schnell an sich verändernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen anpassen könnten.
Unternehmertum und Selbstständigkeit werde gefördert, die berufliche Mobilität erleichtert. Dagegen sollten Beschäftigungsverhältnisse, die zu prekären Arbeitsbedingungen führen, unterbunden werden.
Löhne und Gehälter sollten Arbeitnehmern einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen. „Es werden angemessene Mindestlöhne gewährleistet. ... Armut trotz Erwerbstätigkeit ist zu verhindern.“ Löhne und Gehälter seien gemäß den nationalen Verfahren und unter Wahrung der Tarifautonomie auf transparente und verlässliche Weise festzulegen.
Zu Beginn einer Tätigkeit hätten die Arbeitnehmer das Recht, schriftlich über ihre Rechte und Pflichten informiert zu werden, auch in der Probezeit.
Bei jeder Kündigung sollten die Mitarbeiter zuvor die Gründe erfahren, und sie haben das Recht auf eine angemessene Kündigungsfrist. Bei einer ungerechtfertigten Kündigung bestehe Anspruch auf Rechtsbehelfe einschließlich einer angemessenen Entschädigung.
„Die Sozialpartner werden bei der Konzeption und Umsetzung der Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik gemäß den nationalen Verfahren angehört.“
Bei wesentlichen Fragen wie Umstrukturierung, Fusion von Unternehmen oder bei Massenentlassungen sollten Arbeitnehmer oder ihre Vertretungen rechtzeitig unterrichtet und angehört werden.
Für eine bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben hätten Menschen mit Betreuungspflichten Recht auf angemessene Freistellungs- und flexible Arbeitszeitregelungen. „Frauen und Männer haben gleichermaßen Zugang zu Sonderurlaub für Betreuungs- oder Pflegepflichten.“
Für Arbeitnehmer bestehe das Recht auf ein hohes Gesundheitsschutz- und Sicherheitsniveau bei der Arbeit sowie auf den Schutz ihrer persönlichen Daten.
„Kinder haben Recht auf hochwertige, bezahlbare frühkindliche Bildung und Betreuung.“ Kinder hätten außerdem Recht auf Schutz vor Armut.
Unabhängig von Art und Dauer ihres Beschäftigungsverhältnisses hätten die Menschen Recht auf angemessenen Sozialschutz.
Im Ruhestand sollten Arbeitskräfte und Selbstständige ein Ruhegehalt bekommen, das ihren Beiträgen entspricht und ein angemessenes Einkommen sicherstellt. Frauen und Männer sind demnach gleichberechtigt beim Erwerb von Pensionen.
„Jede Person hat Recht auf rechtzeitige, hochwertige und bezahlbare Gesundheitsvorsorge und Heilbehandlung.“
Menschen mit Behinderungen hätten Anspruch auf Einkommensbeihilfen, die ein würdevolles Leben sicherstellen sowie Dienstleistungen, die ihnen Teilhabe am Arbeitsmarkt und am gesellschaftlichen Leben ermöglichen.
Es bestehe das Recht auf bezahlbare und hochwertige Langzeitpflegedienste.
Hilfsbedürftigen werde Zugang zu hochwertigen Sozialwohnungen oder Unterstützung bei der Wohnraumbeschaffung gewährt. Sozial schwache Personen hätten Recht auf angemessene Hilfe und Schutz gegen Zwangsräumungen. Wohnungslosen würden angemessene Unterkünfte bereitgestellt.
Jede Person habe Recht auf den Zugang zu Wasser-, Sanitär- und Energieversorgung, Verkehr, Finanzdienste und digitale Kommunikation.