Die Kunst des Augenblicks: „The Polaroid Project“ im WestLicht
Wien (APA) - Die Faszination dafür ist ungebrochen: Spricht man über Sofortbildfotografie, fällt unweigerlich der Name Polaroid. Die legendä...
Wien (APA) - Die Faszination dafür ist ungebrochen: Spricht man über Sofortbildfotografie, fällt unweigerlich der Name Polaroid. Die legendäre Marke steht für den alltäglichen Gebrauch ebenso wie für kunstvoll inszenierte Motive oder abstrakte Bearbeitung von Sujet und Material. Einen Überblick darüber, was möglich ist, bietet aktuell die Wiener Fotogalerie WestLicht mit der Ausstellung „The Polaroid Project“.
Den Fokus legt man dabei auf die Schnittstelle von Kunst und Technologie. „Polaroid hat die Ästhetik einer Ära geprägt“, betonte Rebekka Reuter bei einer Presseführung am Freitag. Sie hat die Wanderschau, die sich aus der Polaroid Collection aus den USA sowie der in Wien beheimateten International Polaroid Collection speist, gemeinsam mit vier Kollegen kuratiert. Von Anfang an hat das Unternehmen eng mit Fotografen zusammengearbeitet und ihnen auch Material, Kameras und Know-how zur Verfügung gestellt. Mit einer der großformatigen Gerätschaften, die Bilder im Format 50 mal 60 Zentimeter herstellten, konnte man nämlich nicht so ohneweiteres umgehen.
Mit ihnen entstanden allerdings einige der eindrucksvollsten Objekte der Schau: Etwa Ellen Careys „Pulls (CMY“), das mit den Farben Cyan, Magenta und Gelb hantiert, oder aber ein Bild von Gottfried Helnwein in der für den österreichischen Künstler so typischen, Hyperrealismus mit Beklemmung mischenden Art. Natürlich darf Andy Warhol nicht fehlen, mal sich im Selbstporträt schnäuzend oder aber von Oliviero Toscani mit Kamera in der Hand abgelichtet. Einem naturalistischen, bisweilen dokumentarischen Zugang begegnet man wiederum bei Ansel Adams, den intimen Porträts von Chuck Close oder den in schwarz-weiß gehaltenen Fotos von Robert Rauschenberg.
Wie variantenreich der Umgang gelingen kann, wird ebenfalls schnell deutlich: Mal werden die Abzüge collagenartig bearbeitet, werden sie geschnitten und neu zusammengesetzt oder entfalten als aufgefächertes Panorama eine eigenwillige Wirkung. Andererseits lässt sich Räumlichkeit aus der Fläche holen, wie eine Collage aus 20 Bildern von David Hockney verdeutlicht. Form, Farbe, Struktur - dem künstlerischen Spielraum scheinen dabei kaum Grenzen gesetzt. Da wachsen schon mal Blumen aus der Hose, wie in einer Serie von Erwin Wurm, der bei der Eröffnung der Ausstellung heute Abend anwesend sein wird.
Insgesamt sind es rund 200 Bilder von knapp 100 Fotografen, die eine enorme Bandbreite abbilden. Unterteilt in acht Kapitel, geht es von Beobachtungen und Impressionen über das Foto als Bühne bis hin zur Abstraktion. Zusätzlich sind Kameras, Prototypen, Entwürfe und weitere Entwicklungsschritte ausgestellt, die nicht nur das bekannte Modell SX-70 von teils ungewohnter Seite zeigen. Der Charakter des Unikats und die Haptik des Bildes scheint gerade heutzutage einen besonderen Stellenwert zu haben, wie WestLicht-Leiter Peter Coeln betonte. „Es ist ein eigentümliches Phänomen, dass Polaroid ein extrem junges Publikum anzieht.“
In dieser Hinsicht wirkt es wie eine Gegenbewegung zum digitalen Trend unserer Tage: Obgleich jedes Smartphone mit Kamera ausgestattet ist und Bilderplattformen wie Instagram boomen, erlebt Polaroid eine Renaissance. Nach dem Konkurs der traditionsreichen Firma und der Übernahme der letzten intakten Polaroid-Filmfabrik im niederländischen Enschede durch den Wiener Florian Kaps mit seinem Unternehmen Impossible, gibt es nun einen weiteren Relaunch. Der Pole Oskar Smolokowski erwarb die Markenrechte und hat das Impossible Project nun in Polaroid Originals überführt. Sowohl Filme als auch Kameras werden hergestellt, und ein Ende des Hypes ist nicht in Sicht.
Anders sieht die Situation für das WestLicht selbst aus: Im Zuge der „World Press Photo“-Schau hatte Coeln vor einigen Wochen erklärt, dass die Schließung drohe. Von Sponsor Leica, der bisher den laufenden Betrieb mit 400.000 Euro pro Jahr gesichert hat, kam nach wie vor keine finanzielle Zusicherung für 2018. Auch die öffentliche Hand habe man auf die prekäre Lage hingewiesen, so Coeln, der sich kämpferisch gab. „Ich hoffe, dass es zu einem guten Ende kommen wird.“ Eine Petition für den Erhalt der Fotogalerie haben bis dato mehr als 13.000 Personen unterschrieben. „Wir haben viel Unterstützung erfahren in den vergangenen Wochen“, betonte Coeln. Vorerst könne man bis Ende März planen. „Was danach kommt, wissen wir nicht.“
(S E R V I C E - Ausstellung „The Polaroid Project“ von 18. November bis 25. Februar 2018 in der Fotogalerie WestLicht, Westbahnstraße 40, 1070 Wien. Katalog zur Ausstellung als Soft- wie Hardcover um 39 bzw. 49 Euro erhältlich; www.westlicht.com)
(B I L D A V I S O – Pressebilder zur Ausstellung stehen unter www.westlicht.com/presse/aktuell/press/ zum Download bereit.)