Koalition: Verfassung erlaubt Bundes-Vorgaben bei Mindestsicherung

Wien (APA) - ÖVP und FPÖ verhandeln bei ihren Koalitionsgesprächen auch über einen einheitlichen Rahmen für die Mindestsicherung. Die Möglic...

Wien (APA) - ÖVP und FPÖ verhandeln bei ihren Koalitionsgesprächen auch über einen einheitlichen Rahmen für die Mindestsicherung. Die Möglichkeit, großzügigeren Ländern wie Vorarlberg und Wien Kürzungen vorzuschreiben, bietet den Koalitionspartnern in spe der Verfassungs-Artikel 12. Demnach kann der Bund das „Armenwesen“ per „Grundsatzgesetz“ regeln, die Länder erlassen dann die nötigen „Ausführungsgesetze“.

Genutzt wird diese Grundsatzgesetzgebung des Bundes unter anderem bei den Spitälern („Krankenanstaltengesetz“) und in der Elektrizitätswirtschaft („ELWOG“). Möglich ist laut Art. 12 B-VG (http://go.apa.at/rrBEagP9) auch ein bundesweites Rahmengesetz für das Armenwesen. Bisher hat der Bund darauf verzichtet. Stattdessen vereinbarte man in einem 15a-Vertrag mit den Ländern gemeinsame Mindeststandards, die allerdings Ende 2016 ausgelaufen sind, weil die ÖVP Kürzungen forderte. Nun könnte Schwarz-Blau den Ländern erstmals per Grundsatzgesetz bestimmte Ober- und Untergrenzen für die Sozialhilfe vorschreiben.

Der Föderalismus-Experte Peter Bußjeger verwies am Freitag im Gespräch mit der APA darauf, dass der Bund den Ländern zwar kein spezifisches Modell vorgeben darf, sehr wohl aber einen engen Rahmen setzen kann. „Er muss ein bisschen aufpassen, dass er nicht überdeterminiert“, sagt Bußjäger. Sollte der Rahmen für die Länder nämlich zu eng gezogen sein, droht eine Verfassungsklage: „Was der Verfassungsgerichtshof verlangt ist, dass die Länder einen Ausführungsspielraum haben müssen, der in der Praxis sehr klein sein kann.“

Sollte sich ein Land weigern, den Vorgaben des Bundes zu folgen, könnte die Bundesregierung das jeweilige Landesgesetz vor den Verfassungsgerichtshof bringen. Umgekehrt könnte auch jede Landesregierung das Bundesgesetz anfechten, wenn sie die Regelung für verfassungswidrig hält. Ein „Rechtsschutzproblem“ droht aus Bußjägers Sicht daher nicht. Auch eine Verfassungsmehrheit ist für das Grundsatzgesetz nicht nötig.

Besonders starke Kürzungen bei der Mindestsicherung haben bisher Ober- und Niederösterreich beschlossen. Die niederösterreichische Mindestsicherung wird aktuell vom Verfassungsgerichtshof geprüft. Das Landesverwaltungsgericht hat nämlich Bedenken gegen die Deckelung der Mindestsicherung bei 1.500 Euro sowie gegen die Kürzung für Personen, die sich innerhalb der letzten sechs Jahre weniger als fünf Jahre in Österreich befunden haben. Sie haben nur Anspruch auf 522,50 Euro. Politisch argumentiert wurden die Kürzungen stets mit der Flüchtlingskrise, betroffen sind aber auch Österreicher.

~ WEB http://www.oevp.at

http://www.fpoe.at ~ APA329 2017-11-17/13:53