Steinmeier ruft Jamaika-Parteien zu Vermeidung von Neuwahlen auf
Berlin (APA/AFP) - Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Jamaika-Parteien ermahnt, ihre Verantwortung ernst zu nehmen...
Berlin (APA/AFP) - Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Jamaika-Parteien ermahnt, ihre Verantwortung ernst zu nehmen und Neuwahlen zu vermeiden. „Es besteht kein Anlass zu panischen Neuwahldebatten“, sagte Steinmeier der „Welt am Sonntag“. Es gebe bei Regierungsverhandlungen „immer Versuche der Parteien, die Preise hochzutreiben“.
Er erwarte aber, „dass sich alle Seiten ihrer Verantwortung bewusst sind. Und mit dieser Verantwortung umzugehen heißt auch, den Auftrag nicht an die Wähler zurückzugeben“.
Er könne sich nicht vorstellen, „dass die verhandelnden Parteien ernsthaft das Risiko von Neuwahlen heraufbeschwören wollen“, sagte das Staatsoberhaupt weiter. „Wenn jetzt von den Jamaika-Verhandlern hart um große Fragen wie Migration und Klimaschutz gerungen wird, muss das kein Nachteil für die Demokratie sein“, sagte Steinmeier. „Ich halte überhaupt nichts davon, wenn Themen, die die Öffentlichkeit bewegen, weggedrückt werden.“ Differenzen müssten ausgetragen werden, daraus dürften aber „weder Unversöhnlichkeit noch Feindseligkeit erwachsen“.
Steinmeier rief angesichts des Erstarkens der AfD die „Traditionsparteien“ auf, sehr sorgfältig zu überlegen, wie sie mit den Menschen umgingen, die sie als Wähler verloren hätten, und die Gründe für deren Unzufriedenheit zu erforschen. In dem Ergebnis der deutschen Bundestagswahl stecke auch Protest und damit auch eine Erwartung an die Politik.
„Eine der vielen Ursachen scheint mir der manifest gewordene Stadt-Land-Unterschied zu sein“, sagte er. „Die Politik muss Antworten geben, warum das Leben auf dem Land Perspektive hat, sogar attraktiv ist.“ Insgesamt müssten Politik und Parteien Vertrauen zurückgewinnen. Es gehe auch darum, auf das Bedürfnis vieler Menschen nach Übersichtlichkeit einzugehen. „Es geht darum, gemeinsam eine Heimat zu schaffen, in der sich möglichst viele zu Hause fühlen.“
In der Migrationsdebatte sprach sich Steinmeier für eine offene Auseinandersetzung aus. „Wir werden diese Phase nicht überwinden, solange die Migrationsdebatte moralisches Kampfgebiet bleibt“, sagte er. „Die Politik muss jetzt Vorschläge für eine kontrollierte und gesteuerte Zuwanderung entwickeln.“