TT-Interview

Thomas Brezina: „Glück ist immer nur ein kurzer Moment“

Thomas Brezina ist heute zu Gast in Innsbruck.
© Thomas Böhm

Thomas Brezinas erfolgreiche Kinderbuchserie „Knickerbocker-Bande“ wird erwachsen. Ein Gespräch über einen Erfolg, der so nicht vorhersehbar war, und über das Leben und Glück ganz allgemein.

Innsbruck – Es ist ein sichtlich entspannter Thomas Brezina, der zum Interview empfängt. Der Erfolgsautor lässt es sich nicht anmerken, dass er seit Tagen von Interview zu Interview, von Pressetermin zu Pressetermin und zu zig Lesungen hetzt. In einem Innsbrucker Restaurant hoch über dem hektischen Treiben auf dem Asphalt der Stadt hat sich Brezina gerade eine warme Hühnersuppe bestellt. Ja, er schaue auf sich und seinen Körper, sagt er später im Gespräch. Vorher aber gibt er Auskunft über sein jüngstes Buchprojekt namens „Alte Geister ruhen unsanft“. Nach mehr als zwanzig Jahren Pause ermittelt die „Knickerbocker-Bande“ wieder – diesmal für inzwischen erwachsen gewordene Leser.

Ihr neues Buch schoss ziemlich schnell auf Platz eins der österreichischen Buchcharts und verdrängte Top-Autoren wie Ken Follet, Robert Menasse oder Sebastian Fitzek. Wie fühlt sich das an?

Thomas Brezina: Ich bin einfach nur überwältigt und dankbar.

Es ist Ihr erstes Buch für Erwachsene, eine Fortsetzung. In gewisser Hinsicht wagten Sie ein Risiko, das bisher noch keiner gewagt hat, nämlich eine Kinderserie erwachsen werden zu lassen. Wie kam diese Idee? Und war es schwer, nach so vielen Kinderbüchern für Erwachsene zu schreiben?

Brezina: Die Idee selbst hatte ich schon über Jahre mit mir herumgetragen. Irgendwann wollte ich wissen, was meine Leser davon halten, und ich habe sie einfach per Internet gefragt. Es kam sofort viel Zuspruch. Trotzdem war ich dann nervös, weil es für mich schon sehr speziell war, für Erwachsene zu schreiben. Gleichzeitig war es aber auch toll und ich hatte von Beginn an meine Leser beim Schreibprozess mitwirken lassen. Ich wollte von ihnen etwa wissen, wie sie sich die kindlichen Helden von einst, Lilo, Poppi, Axel und Dominik, als Erwachsene vorstellen. Sie haben sogar mit mir über die Gestaltung des Covers diskutiert.

Als Schriftsteller arbeiten Sie sehr viel per Twitter, Instagram, Facebook und Internet – sind Sie ein sehr technik­affiner Mensch? Einer, der gern das neueste Equipment hat?

Brezina: Ja, schon, Technik begeistert mich. Die sozialen Medien bieten viele Möglichkeiten.

Wie sehen Sie es, wenn Kinder mit den Neuen Medien in Berührung kommen?

Brezina: Ich denke, dass es hier, wie bei so vielen Dingen im Leben, um die Dosis geht. Wie sagte schon Paracelsus: Die Dosis macht das Gift.

Autogramme des Erfolgsautors waren heiß begehrt.
© Thomas Böhm

Viele Erwachsene haben entweder einen verklärten Blick auf die eigene Kindheit oder sind so dermaßen erwachsen, dass das „innere Kind“ fehlt. Seit wann fühlen Sie sich so richtig als Erwachsener, der als solcher auch funktioniert?

Brezina: Ich würde sagen, dass ich einen guten Blick auf meine eigene Kindheit habe, sowohl das Gute als auch das weniger Gute davon sehen kann. Und was das Erwachsensein anbelangt, kann ich schwer sagen, seit wann ich mich erwachsen fühle. Ich bin aber nicht der Meinung, dass man als Erwachsener „funktionieren“ muss. Im Gegenteil: Wir Erwachsenen müssen viel mehr das Kind in uns bewahren. Wir sollten alle viel mehr spielen. Kinder können das gut, deshalb bekommen sie auch kein Burnout, sondern sind im besten Fall einfach nur müde.

Sie haben das Buch Ihrem Partner Ivo gewidmet. Wie darf man das dazu geschriebene Motto „Just do it and believe“ verstehen?

Brezina: Ivo ist ein großartiger Mensch und wenn ich einen Hänger, etwa beim Schreiben, habe, sagt er diesen Satz. Und er hat Recht: „Mach es und glaub daran! Glaub an dich! An die Welt!“

Sie haben in jüngsten Interviews sehr offen über persönliche Krisen geredet, etwa darüber, dass es Ihnen im Leben psychisch nicht immer nur gut ging. Glauben Sie an Glück?

Brezina: Glück ist für mich immer nur ein kurzer Moment, den man erleben kann, aber kein Dauerzustand. Freude ist allerdings etwas, das man, glaube ich zumindest, schon leben kann.

Sind Sie noch immer so ein ungeduldiger Mensch wie in früheren Jahren?

Brezina: Das Alter macht mich gelassener, aber ungeduldig bin ich noch immer. Ich möchte immer das Beste und bin einfach ziemlich selbstkritisch.

Das neue Buch endet mit einem offenen Ende – können erwachsene Leser mit weiterem Stoff rechnen?

Brezina: Ja, es sieht momentan ganz danach aus, als ob es eine Fortsetzung geben wird. Da gibt es durchaus noch ein paar offene Fragen zu klären.

Das Gespräch führte Liane Pircher

Thomas Brezina: „Alte Geister ruhen unsanft“ – Die Knickerbocker-Bande 4immer (ecowin Verlag 2017), 412 Seiten, 18 Euro. 20 Jahre sind vergangen, die Knickerbocker sind erwachsen geworden …

Gewaltiger Ansturm zur von der Tyrolia und der TT veranstalteten Lesung Thomas Brezinas in Innsbruck: Hunderte Besucherinnen und Besucher lauschten im knallvollen Saal den Worten des auch international höchst erfolgreichen Starautors.
© Thomas Böhm