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EU-Staaten beschließen ständige militärische Zusammenarbeit

Der griechische Außenminister Nikos Kotzias am Montag in Brüssel.
© AFP

Die Verteidigungspolitik gehörte lange zu den Bereichen, in denen sich die EU-Staaten bei der Zusammenarbeit äußerst schwer taten. Am Montag wurde ein Beschluss gefasst, der eine neue Ära einleiten soll. Österreich will sich vorerst an vier Projekten der Militärkooperation PESCO beteiligen.

Brüssel – Die EU-Staaten haben erstmals eine ständige militärische Zusammenarbeit beschlossen. Daran werden sich neben Österreich 24 weitere EU-Länder beteiligen. Sie soll mittelfristig zum Aufbau einer echten europäischen Verteidigungsunion führen. Ziel ist es dabei auch, die EU flexibler und unabhängiger von den USA zu machen.

Österreich vorerst an vier Projekten beteiligt

Die ständige strukturierte Zusammenarbeit, die am Montag bei einem EU-Außenministertreffen in Brüssel formell beschlossen wurde, soll mit 17 konkreten Projekten starten. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) nahm wegen den Koalitionsgesprächen in Wien an dem Treffen nicht teil. Österreich wird sich in „einem ersten Schritt“ an vier Projekten der „Permanenten Strukturierten Zusammenarbeit“ (PESCO) der EU in Verteidigungsfragen beteiligen. Dies bestätigte Generalmajor Johann Frank am Montag gegenüber der APA.

Es handle sich dabei um ein „Cyberprogramm“ mit Griechenland und um ein Programm im Bereich Katastrophenhilfe mit Italien. Mit Deutschland arbeite man außerdem am Aufbau eines Kompetenzzentrums von EU-Trainingsmissionen und an einem Programm zur Verbesserung des grenzüberschreitenden militärischen Transports, erklärte Frank weiter. In einem „zweiten Schritt“, so der Generalmajor, würden dann auch eigene Projekte ab 2018 geprüft. Konkret gehe es dabei um ein europäisches Gebirgskampfzentrum und ein Projekt im Rüstungsbereich.

Zudem sind beispielsweise eine bessere Seeraumüberwachung und die Entwicklung von Prototypen für Infanteriefahrzeugen geplant. Auch soll dafür gesorgt werden, dass die EU künftig in Krisenfällen schneller Truppen in andere Staaten entsenden kann. Dies ist vor allem Frankreich ein Anliegen.

Grüne sehen Neutralität in Gefahr

Die Grünen sehen die Teilnahme an der Kooperation kritisch und fordern einen Rückzug Österreichs: „Wir sehen die Gefahr, dass andernfalls die immerwährende Neutralität Österreichs aufs Spiel gesetzt wird“, schrieben Bundessprecher Werner Kogler und die EU-Abgeordnete Monika Vana in einem Brief an die Regierungsspitze. Das Schreiben ist an Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), Vizekanzler Wolfgang Brandstetter, Außenminister Sebastian Kurz (beide ÖVP) und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) adressiert.

„Österreich darf aufgrund der Neutralität nicht an Kriegen teilnehmen, darf keine fremden Truppen stationieren und darf sich an keinen Militärbündnissen beteiligen“, betonen die Grünen. Es gebe auch keine Verpflichtung für Österreich, sich an PESCO zu beteiligen.

Dänemark, Großbritannien und Malta nicht dabei

Der Grundstein für die verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung war im vergangenen Monat bei einem gemeinsamen Treffen der Außen- und Verteidigungsminister gelegt worden. Nicht dabei sind lediglich Dänemark, Großbritannien und Malta. Dänemark beteiligt sich traditionell nicht an der gemeinsamen europäischen Sicherheits-und Verteidigungspolitik, Großbritannien will 2019 bereits aus der EU ausgetreten sein. Malta wollte offensichtlich die Teilnahmekriterien nicht erfüllen, die unter anderem eine regelmäßige Erhöhung der Verteidigungsausgaben vorsehen.

Die Möglichkeit, eine ständige strukturierte Zusammenarbeit zwischen EU-Staaten zu vereinbaren, war bereits 2009 mit dem Lissabon-Vertrag der EU geschaffen worden. Hintergrund war die Erkenntnis, dass das Einstimmigkeitsprinzip in der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU (GSVP) immer wieder ehrgeizige Projekte ausbremst oder ganz verhindert. Dass die Zusammenarbeit nicht schon viel früher vereinbart wurde, hatte vor allem mit dem Widerstand Großbritanniens zu tun. Vor dem Hintergrund des geplanten EU-Austritts hat London jetzt allerdings keine Argumente mehr dagegen. (APA/dpa, TT.com)