Uneinigkeit vor panislamischer Konferenz zu Jerusalem in Istanbul
Jerusalem/Istanbul (APA/AFP) - Nach der Entscheidung von US-Präsident Donald Trump zur Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels steht d...
Jerusalem/Istanbul (APA/AFP) - Nach der Entscheidung von US-Präsident Donald Trump zur Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels steht die muslimische Welt auf den ersten Blick geeint in ihrer Kritik. Doch tatsächlich gibt es große Unterschiede zwischen den Staaten.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat nun für Mittwoch die 57 Mitglieder der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) zu einem Gipfel in Istanbul eingeladen, um eine konzertierte Antwort auf Trumps Entscheidung zu finden.
DIE ANTREIBER
Vor dem Gipfel dringt besonders Erdogan auf eine harte Haltung gegenüber den USA und Israel. Der türkische Präsident hatte Trump im Vorfeld gewarnt, Jerusalem sei eine „rote Linie für alle Muslime“. Als der US-Präsident sich darüber hinwegsetzte, warf Erdogan ihm vor, die Region in Brand zu stecken. Am Samstag legte er nach und bezeichnete Israel in einer wütenden Rede als „Terrorstaat“, der „Kinder tötet“.
Die Türkei unterhält zwar seit 2016 wieder diplomatische Beziehungen zu Israel, doch versucht Erdogan, sich in der muslimischen Welt als Verteidiger der Palästinenser zu profilieren. Unterstützung findet er mit seiner harten Haltung bei der palästinensischen Hamas, zu der er gute Beziehungen unterhält. Die islamistische Bewegung rief nach Trumps Beschluss zu einer neuen Intifada in den Palästinensergebieten auf.
Der Iran, der die Existenz Israels nicht anerkennt und den jüdischen Staat regelmäßig verbal scharf attackiert, verurteilte ebenfalls die Entscheidung. Der Freitagsprediger von Teheran nannte eine Intifada die einzige mögliche Reaktion. Unterstützung findet Teheran bei der libanesischen Hisbollah-Bewegung, die eng mit dem Iran verbündet ist und für Montagabend zu einer Großkundgebung im Süden Beiruts aufgerufen hat.
DIE VORSICHTIGEN
Deutlich vorsichtiger hat sich Jordanien geäußert, das als Hüter der heiligen islamischen Stätten in Jerusalem eine wichtige Rolle im Konflikt um die Stadt spielt. Für König Abdullah II. ist Trumps Entscheidung eine persönliche Niederlage, da er eigens nach Washington geflogen war, um ihn davon abzubringen. Jordanien kritisierte denn auch Trumps Beschluss, doch hat das haschemitische Königreich an einer Eskalation kein Interesse.
Ebenfalls eher zurückhaltend äußert sich Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas. Die Anerkennung Jerusalems ist zwar ein harter Rückschlag für seine Pläne zur Gründung eines unabhängigen Palästinenserstaats mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt, doch will Abbas keine neue Intifada, deren Leidtragende vor allem die Palästinenser selbst wären und die seinen radikalen Rivalen von der Hamas Auftrieb geben könnte.
DIE WIDERWILLIGEN
Ein großes Dilemma ist die Jerusalem-Frage für Saudi-Arabien. Als Hüter von Mekka und Medina kann das wahhabitische Königreich nicht schweigen, wenn Jerusalem zur Hauptstadt Israels erklärt wird. Auch will Riad nicht zulassen, dass sich sein regionaler Rivale Iran als Verteidiger der Palästinenser profiliert. Zugleich ist Saudi-Arabien aber ein enger Verbündeter der USA und sucht seit einiger Zeit die Annäherung an Israel.
Der mächtige Kronprinz Mohammed bin Salman unterhält exzellente Beziehungen zu Trump und dessen Schwiegersohn Jared Kushner und ist an einer Kooperation gegen Iran interessiert. Ein ähnliches Dilemma bietet sich Ägypten, dessen Präsident Abdel Fattah al-Sisi auf die US-Militärhilfe angewiesen ist. Zwar unterhält Kairo diplomatische Beziehungen zu Israel, doch ist der jüdische Staat im Volk extrem unpopulär.