Grasser-Prozess

Die Causa Buwog: Privatisierung mit Millionen-Geheimprovision

Die Angeklagten Peter Hochegger (l.) und Walter Meischberger beim Prozessauftakt am Dienstag.
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Die Causa Buwog-Privatisierung beschäftigt die Öffentlichkeit seit Jahren. Ein Prozent des Kaufpreises — fast zehn Millionen Euro – floss damals an Peter Hochegger und Walter Meischberger, Vertraute von Karl-Heinz Grasser. Der Ex-Finanzminister soll Nutznießer dieser Zahlung gewesen sein. Grasser selbst bezeichnete die Sache als „supersauber“.

Wien – Die Privatisierung der Bundeswohnungen unter dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) im Jahr 2004 steht mit der Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft offiziell unter Korruptionsverdacht. Es geht um eine damals im Geheimen erfolgte Zahlung von fast 10 Mio. Euro, die von der im Bieterverfahren siegreichen Immofinanz über Umwege nach Liechtenstein floss.

Die Millionenzahlung ist seit dem Jahr 2009 erwiesen, doch die entscheidende Frage muss der Prozess klären: Hat Grasser sein Insiderwissen als Minister bei der Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 ausgenutzt, um – über den Umweg zweier Vertrauter – entscheidende Informationen weiterzugeben und sich selber mit Schmiergeld zu bereichern? Der frühere FPÖ-Politiker und Vertraute des damaligen FPÖ-Chefs Jörg Haider, der von Februar 2000 bis Jänner 2007 Finanzminister in zwei ÖVP-geführten Bundesregierungen war, bestreitet dies vehement. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Bei der Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 unter Grasser erhielt ein Konsortium rund um die Immofinanz den Zuschlag. Kurz vor der entscheidenden zweiten Runde hatte der damalige Immofinanz-Chef Karl Petrikovics im Geheimen einen Tipp vom PR-Mann und Lobbyisten Peter Hochegger bekommen, wie viel er mindestens bieten müsse, um den Konkurrenten, die CA Immo, zu übertrumpfen. Hochegger seinerseits sagt, er habe den Tipp vom Grasser-Vertrauten Walter Meischberger bekommen. Meischberger wiederum dementiert, die Information von Grasser bekommen zu haben, nannte aber bis heute seinen Tippgeber nicht.

Petrikovics zahlte später im Geheimen eine Provision von rund einem Prozent des Buwog-Kaufpreises - 961 Mio. Euro – an Hocheggers Firma Astropolis auf Zypern, für die Geldflüsse über 9,6 Mio. Euro wurden Scheinrechnungen ausgestellt. Von dort lenkte Meischberger den Großteil der Summe nach Liechtenstein und teilte das Geld auf drei Konten auf. Erst Jahre später, im Herbst 2009, flog im Zuge des Immofinanz-Skandals die Millionenprovision aus dem Erwerb der Bundeswohnungen auf.

Ein „Zufallsfund“ für die Justiz

Für die Justiz war die Buwog-Affäre ein „Zufallsfund“ im Zuge der Immofinanz-Ermittlungen. Als die Millionen-Zahlung entdeckt wurde, packte ein beteiligter Immofinanz-Manager aus. „Im Zusammenhang mit dem Erwerb der Buwog wurden tatsächlich Vermittlungsleistungen verrechnet“, gab Ex-Immofinanz-Vorstand Christian Thornton gegenüber dem Staatsanwalt zu Protokoll. „Ich war mit dem Erwerb der Buwog nicht befasst, musste aber nach Abschluss der Transaktion auf Weisung von Karl Petrikovics mit einem Herrn Hochegger von der PR-Agentur Kontakt aufnehmen. Es wurden Rechnungen von zypriotischen Gesellschaften gelegt“. Es sei ein Erfolgshonorar für Hocheggers Tätigkeit im Rahmen der Buwog-Privatisierung gewesen, dafür seien Scheinrechnungen und Honorarnoten erstellt worden.

Die Aussagen vor der Staatsanwaltschaft erfolgten bereits im Jänner und März 2009, wurden aber erst rund ein halbes Jahr später, im Herbst 2009, in der Öffentlichkeit bekannt. Die Medienberichte stützten sich auf „Leaks“, offizielle Informationen der Justiz zu den Ermittlungen gab es lange keine.

Daraufhin erstatteten Hochegger und Meischberger bei der Finanz Selbstanzeige, weil sie die knapp 10 Mio. Euro zwar kassiert, aber nicht versteuert hatten. Die Staatsanwaltschaft dehnte ihre strafrechtlichen Ermittlungen auch auf den Immobilienmakler und früheren Buwog-Aufsichtsratspräsidenten Ernst Karl Plech sowie auf Grasser selbst aus.

Die Frage, von wem damals der entscheidende „Tipp“ an das Immofinanz-Konsortium über das Limit des gegnerischen Bieters kam, beschäftigt seitdem die Justiz: Hochegger will die Info von Meischberger bekommen haben, dieser gab seinen Tippgeber weder der Justiz noch dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss preis. Grasser selber weist alle Verdächtigungen zurück, die Privatisierung sei „supersauber“ gewesen.

Konten in Liechtenstein

Die Spur des Geldes führt nach Liechtenstein, wo Meischberger die Millionen auf drei Konten verteilte. Laut dem Verdacht der Ermittler soll eines der drei Konten Grasser zuzuordnen sein. Neben Meischberger soll auch Plech, ebenfalls früherer Grasser-Vertrauter und als Makler mit Immobilien-Fachwissen ausgestattet, von dem Geld auf Liechtensteiner Konten profitiert haben.

In der Anklageschrift ist ein großer Teil dem Punkt „Verschleierung“ gewidmet: Hier wird aus Ankläger-Sicht erläutert, wie Grasser, Meischberger, Hochegger und Plech versucht haben sollen, die Spur des Geldes zu Grasser zu verschleiern, um die Provision als normale Zahlung für eine Beratung darzustellen und nicht als Korruption eines Finanzministers. Dazu sollen auch Beweismittel gefälscht worden sein. Als Unterlage diente der Staatsanwaltschaft dabei unter anderem ein bei Meischberger gefundenes Tagebuch sowie Telefon-Abhörprotokolle. Auch der E-Mail-Verkehr des nun mitangeklagten Rechtsanwalts von Meischberger, Gerald Toifl, wurde ausgewertet.

Für die Immofinanz war die Buwog-Privatisierung jedenfalls ein glänzendes Geschäft: Der größte Geschäftsfall in der Immofinanz-Geschichte habe dem Unternehmen einen Vermögenseffekt von deutlich mehr als einer Milliarde Euro gebracht, schilderte Petrikovics bei seiner Befragung im U-Ausschuss: „Aus Sicht der Immofinanz also ein großer Erfolg“.

Der österreichische Staat hingegen war kein Gewinner: Der Rechnungshof kritisierte bereits 2007, dass der Bund beim Verkauf seiner Wohnbaugesellschaften nicht alle Erlössteigerungspotenziale genutzt und auf zumindest 200 Mio. Euro verzichtet habe. (APA)

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