Kern: Rauchverbot wird „eines der ersten Volksbegehren“
Im Nationalrat ging es am Dienstag um die Aktion 20.000 und das Thema Sicherheit. Platz bekam jedoch auch das von ÖVP und FPÖ geplante Kippen des Rauchverbots in der Gastronomie. Kanzler Christian Kern lobte den Einsatz der Zivilgesellschaft – und meint, der geplante Ausbau der direkten Demokratie könnte sich gegen Schwarz-Blau wenden.
Wien – Kanzler Christian Kern (SPÖ) hat sich am Mittwoch in der Plenardebatte des Nationalrats schon einmal als Oppositionsführer versucht. Der SPÖ-Chef warnte wortreich vor einer Einstellung der Aktion 20.000 für ältere Arbeitslose und prophezeite ein Volksbegehren für ein allgemeines Rauchverbot in der Gastronomie. Letzteres Thema ließen Schwarz und Blau aus, bei der Aktion 20.000 ist man skeptisch.
ÖAAB-Generalsekretär Karl Nehammer meinte, bei dieser Initiative stelle sich die Frage, ob gut gemeint auch gut im Sinne der Betroffenen sei. Denn die geförderten Jobs im Rahmen der Aktion 20.000 hätten ein Enddatum, seien also nicht dauerhaft. Für die Freiheitlichen meinte der Abgeordnete Robert Lugar, dass die Aktion soundso nur ein Wahlkampf-Gag gewesen sei. Das hier aufgewendete Geld sollte lieber für Qualifizierungen verwendet werden. Dass die Aktion mit dem schwarz-blauen Regierungspakt eingestellt wird, wurde jedoch auch nicht kundgetan.
Zwar thematisch gar nicht vorgesehen, dank der starken medialen Resonanz von Kern aber gerne aufgegriffen wurde die Entscheidung von ÖVP und FPÖ, das in der Gastronomie geplant gewesene totale Rauchverbot wieder zu kippen. Der rote Klubchef findet es ermutigend, dass sich die Zivilgesellschaft schon dagegen formiere. Er werde so auch langsam zum Fan der direkten Demokratie: „Ich bin überzeugt, das ist eines der ersten Volksbegehren, das sie ernten werden.“
Kern: Menschen nicht die Türe zuschlagen
Ein Antrag der SPÖ, der Basis der Debatte war, forderte indes eine Fortsetzung der Aktion 20.000. Kern verwies darauf, dass mit der Aktion 20.000 Menschen eine Zukunftsperspektive gegeben werde. Es wäre daher im höchsten Maße schädlich und herzlos, diesen Menschen die Türe zuzuschlagen und ihnen zu sagen: „Schau, wo du bleibst.“ Ähnlich äußerte sich die vormals rote Mandatarin Daniela Holzinger, die nun für die Liste Pilz im Nationalrat sitzt. Für sie war der Beschluss der Aktion ein zentraler und wichtiger Schritt. Vor allem die Abgeordneten des ÖAAB innerhalb der ÖVP forderte sie auf, Rückgrat zu zeigen.
Ganz anders lautete die Einschätzung der NEOS. Sozialsprecher Gerald Loacker bezeichnete die Aktion als „Fehlkonzeption“. Gerade in jenen Bezirken, in denen sie schon laufe, gehe die Zahl der offenen Stellen am langsamsten zurück. Die Aktion sei daher kontraproduktiv und habe nur dazu gedient, Arbeitslose aus der Statistik zu bugsieren.
ÖVP und FPÖ pochen auf Sicherheitspaket
Wenig Neues gab es indes zum Thema Sicherheit und Terrorismus zu hören. Noch-Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) pochte auf mehr Überwachungsmöglichkeit, die FPÖ zeigte sich dazu bereit. Die künftige Oppositionspartei SPÖ sicherte Gesprächsbereitschaft zu, pochte aber auf Grundrechte und Rechtsschutz – wie auch die Liste Pilz.
ÖVP und FPÖ haben sich in ihren Koalitionsverhandlungen zwar schon auf ein Sicherheitspaket zur Bekämpfung von Terrorismus geeinigt – aber da die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind, vermieden es die künftigen Regierungspartner in der Aktuellen Stunde, auf Details ihrer Vorhaben einzugehen. So blieb es weitgehend bei allgemeinen Bekenntnissen zum – von der ÖVP ausgewählten – Thema „Sicherheitspolizeiliche Maßnahmen zur Abwehr möglicher terroristischer Aktivitäten angesichts der Bedrohungslagen in Europa“.
Sobotka warnt vor geplanten Anschlägen
Innenminister Sobotka warnte vor der Terror-Bedrohung. Auch in Österreich könne man Anschläge nicht ausschließen, „wir wissen, dass der nächste Anschlag geplant wird, wir wissen nur nicht wann und wo“, sagte er – und bekräftigte, dass der Ausbau der Überwachungsmöglichkeiten der Polizei nötig sei. Er erinnerte auch selbst an seine Aussage, dass dies nicht zu tun „ein Anschlag auf die Sicherheit“ wäre.
„Es geht darum, unsere Freiheit zu schützen“ und das Recht auf „Leben, Gesundheit und Eigentum etc.“ deponierte FPÖ-Abg. Walter Rosenkranz, der mit Sobotka über das Sicherheitsthema verhandelt hat - das die FPÖ, die es in der vorigen Periode ablehnte, jetzt mitträgt. Es gehe nicht darum, „in die Breite“ zu ermitteln oder überwachen, sondern „in die Tiefe“, merkte er an - und betonte die Notwendigkeit von „strenger richterlicher Beaufsichtigung“ und des Ausbaus des Rechtsschutzes.
Die SPÖ sei zu ernsthaften Verhandlungen über nötige Maßnahmen gegen die Terror-Bedrohung bereit, bekundete deren neue Sicherheitssprecherin Angela Lueger - lehnte aber „überzogene Maßnahmen“ wie z.B. flächendeckende Überwachung des Kfz-Verkehrs oder die überlange Speicherung von Videoüberwachungen ab. Sie erinnerte daran, dass die FPÖ z.B. das „gute“ Staatsschutzgesetz vehement abgelehnt und mit den Grünen - erfolglos - beim VfGH angefochten habe.
Liste Pilz pocht auf Grundrechte
Auch die Liste Pilz ist entschieden gegen die flächendeckende Vidoeüberwachung oder den Bundestrojaner. Grundrechte dürften nicht zugunsten scheinbarer Sicherheit eingeschränkt werden, lehnte Alma Zadic scharf einen „‘Überwachungsstaat“ ab.
Die europäische Dimension vermisste NEOS-Chef Matthias Strolz - als Regierungspartei müsse vor allem die FPÖ „ihren Blick weiten“, merkte er an. Scharf ging er mit den schwarz-blauen Vorhaben im Bildungsbereich ins Gericht: Damit würde „die Spaltung der Bevölkerung befördert“ und damit schaffe man „eine Brutstätte der Radikalisierung“. (TT.com/APA)