Alabama: Trump kritisiert eigene Partei, Demokraten im Aufwind
Nach der Niederlage von Roy Moore gegen den Demokraten Doug Jones schrillen bei den Republikanern die Alarmglocken. US-Präsident Donald Trump kritisierte Parteifreunde, die die Niederlage des von Missbrauchsvorwürfen betroffenen Kandidaten gutheißen.
Washington – US-Präsident Donald Trump hat Mitgliedern seiner eigenen Partei vorgeworfen, sich über die Niederlage der Republikaner in Alabama zu freuen. Viele Republikaner seien sehr glücklich über den Ausgang der Wahl, sagte Trump am Mittwoch im Weißen Haus. „Als Parteiführer hätte ich den Sitz gern gehabt.“
Roy Moore, der Kandidat der Konservativen, hatte bei der Senatswahl in dem Südstaat am Dienstagabend überraschend gegen den demokratischen Kandidaten Doug Jones verloren. Der 70-jährige Ex-Richter ist wegen seiner extremen Positionen sehr umstritten. Zudem haben mehrere Frauen Belästigungsvorwürfe gegen ihn erhoben. Deswegen war eine Reihe von Republikanern auf Distanz zu ihm gegangen.
Trump hatte Moore nach anfänglicher Zurückhaltung voll unterstützt. Auf den letzten Metern des Wahlkampfes warb er mit Nachdruck um Stimmen für den Kandidaten, etwa indem er automatisierte Anrufe für ihn startete.
New York Times: Alabama-Sieg ermutigt Demokraten
Indes kommentierte am Tag nach der Wahl die internationale Presse den Wahlausgang in Alabama. Die Londoner Times schrieb etwa: „Die 51:49-Mehrheit, über die die Republikaner nun im Senat verfügen, macht die gesetzgeberischen Vorhaben von (US-Präsident DonaldTrump) nur noch schwieriger. Wenn er Unterstützung für seine Steuerreform gewinnen will, muss er sich mehr in der subtilen Kunst der Überzeugung und Konsensfindung üben. Vor allem muss es mehr Konstanz in der Regierung geben. Trump hat Charles Schumer, dem demokratischen Oppositionsführer im Senat, die Hand gereicht, nur um ihn dann weiter über Twitter zu beleidigen.“
Allerdings galt es vorerst als wahrscheinlich, dass die Republikaner die Angelobung von Doug Jones bis zum Jahresanfang hinauszögern dürften. Damit hätten sie die Chance, die Steuerreform noch vor Jahresende mit den alten Mehrheitsverhältnissen durchzudrücken.
Indes sieht die Times die Demokraten nach dem Wahlausgang gestärkt: „Die Suche nach Kompromissen wird nach der Wahl in Alabama schwieriger werden. Denn es hat den Glauben der Demokraten gestärktermutigt, dass der Gewinn weiterer Sitze – sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat – bei den Mid-Term-Wahlen im nächsten Jahr möglich ist.“
Alarmstufe 1 bei Republikanern
Noch dramatischer formuliert es die niederländische Zeitung De Telegraaf. „In den vergangenen Wochen musste sich der Ex-Richter [Roy Moore, Anm.] immer öfter verstecken, nachdem Missbrauchsvorwürfe, darunter die sexuelle Nötigung eines 14-jährigen Mädchens, hochgekommen waren. Dennoch stellte sich Donald Trump – im Gegensatz zu seiner Tochter Ivanka und mehreren prominenten Republikanern – weiter hinter Moore. (...) Bei den Republikanern gilt jetzt Alarmstufe 1. Mit der nur noch knappen Mehrheit dürften die Unruhe und der schwelende Streit über den politischen Kurs angesichts eines Präsidenten, der nahezu täglich mit umstrittenen Tweets für Wirbel sorgt, immer mehr zunehmen.“
Die slowakische Tageszeitung Sme hingegen mahnt zur Vorsicht. „Aus dem Sieg von Doug Jones gegen Roy Moore lässt sich weder das nahe Ende der Ära (des US-Präsidenten Donald) Trump noch eine baldige Rückkehr der Demokraten an die Macht herauslesen. Die Republikaner unterstützen ihren Präsidenten vorläufig noch massiv, wenn auch vielleicht nur deshalb, weil sie wissen, dass sie mit Trump die lang ersehnte Chance haben, ihre so genannte Steuerreform durchzusetzen, die geringere Steuern für Reiche und weniger Unterstützung für Arme bringt. Und diese Chance bleibt ihnen trotz der Niederlage von Moore.“ (TT.com/dpa)