Freisprüche 4 - Angeblich Erpresster: „Was habe ich damit zu tun?“

Wien (APA) - Den acht Tschetschenen war im Wesentlichen vorgeworfen worden, einen Friseur in Wien-Floridsdorf sowie einen arabisch stämmigen...

Wien (APA) - Den acht Tschetschenen war im Wesentlichen vorgeworfen worden, einen Friseur in Wien-Floridsdorf sowie einen arabisch stämmigen Arzt erpresst zu haben. „Ich weiß nicht, warum mich das Gericht geladen hat. Was habe ich damit zu tun?“, wunderte sich der Coiffeur, als er am Donnerstag in den Zeugenstand trat.

Nachdem er alle Angeklagten gemustert hatte, gab der Friseur zu Protokoll: „Keiner von diesen Männern hat mich bedroht. Vielleicht war einer einmal als Kunde bei mir.“ Danach schilderte der Mann, er hätte sich Anfang des Jahres selbstständig gemacht und in unmittelbarer Nähe zu seinem früheren Arbeitgeber ein Geschäft eröffnet. Das hätte seinem ehemaligen Chef nicht gepasst. Dieser hätte ihm gedroht („Ich werde alles tun, damit du den Laden nicht aufmachst“) und ihm in weiterer Folge gewalttätige Männer auf die Baustelle bzw. ins Geschäft geschickt. Er wisse nicht, „ob das Tschetschenen oder Afghanen waren“, sagte der Zeuge. Zweifellos hätten diese aber anders ausgesehen als die Angeklagten.

Einmal hätten ihm die ungebeten Besucher einen Kinnhaken und Tritte verpasst, erinnerte sich der Mann. Er habe trotzdem nicht zugesperrt. Darauf hätten ihn am 10. April noch einmal Unbekannte aufgesucht und mehrere tausend Euro Schutzgeld verlangt. „Ich habe das Geschäft weiter betrieben. Und jetzt sitze ich da vor Ihnen“, meinte der Zeuge zum Vorsitzenden.

Seit April sei er nicht mehr bedroht worden, erklärte der Friseur. Das könnte möglicherweise damit zu tun haben, dass sein ehemaliger Chef seit dem Frühjahr von der Bildfläche verschwunden ist. Er soll sich ins Ausland abgesetzt haben bzw. „geflüchtet sein“, wie der Friseur zu Protokoll gab.

Im Zuge seiner Befragung bestätigte sich dann auch, dass der Mann mehrere Angeklagte als Kunden bedient hatte. Zumindest einem von ihnen ließ er eine kosmetische Behandlung zuteilwerden, indem er dem Tschetschenen eine Gesichtsmaske auflegte.

Dass sich ein Arzt, der laut Staatsanwaltschaft von den angeklagten Tschetschenen eingeschüchtert und zur Zahlung von insgesamt 50.000 Euro genötigt worden sein soll, von diesen nicht bedroht fühlte, hatte der Mediziner am Mittwoch unter Wahrheitspflicht angebenen. Der Hauptbelastungszeuge - seinen Angaben zufolge seit zehn Jahren mit dem Mediziner befreundet - blieb in seiner heutigen Einvernahme demgegenüber dabei. Dem Arzt sei mittels Drohungen Geld abgenommen worden: „Er hat gesagt, man hat von ihm 50.000 Euro erpresst.“ Dass der Mediziner das nicht zugebe, sei klar: „Natürlich hat man seine Familie bedroht.“

Allerdings stimmten die Angaben des bereits wegen Falschaussage erstinstanzlich vorbestraften Zeugen nicht mit seinen Aussagen vor der Polizei überein. Die - teilweise eklatanten - Widersprüche ließen sich trotz eindringliches Befragen des Richters nicht klären. Demgegenüber deckten sich die Äußerungen des Arztes in weiten Teilen mit jenen der Angeklagten.