Offizieller Bericht: Zehntausende Kinder in Australien missbraucht
Fünf Jahre lang hat sich in Australien eine offizielle Kommission mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern in Australien beschäftigt. Jetzt legt sie ihren Abschlussbericht vor. Die Opfer: Zehntausende. Die katholische Kirche entschuldigt sich.
Canberra – Australiens katholische Kirche hat die Opfer von sexuellemMissbrauch durch Geistliche umEntschuldigung gebeten. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Melbournes Erzbischof Denis Hart, versprach am Freitag, die Schlussfolgerungen einer offiziellen Kommission „sehr ernst“ zu nehmen. Demzufolge wurden über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten in kirchlichen und staatlichen Einrichtungen sowie Vereinen Zehntausende Kinder missbraucht. Etwa ein Drittel der Täter sollen Geistliche gewesen sein.
Kommission regt mehr als 400 Änderungen an
Erzbischof Hart sagte zu dem Abschlussbericht: „Im Namen der katholischen Bischöfe und religiösen Führer erneuere ich unsere uneingeschränkte Entschuldigung an die Betroffenen für dieses Leid.“ Er sprach von einer „beschämendenVergangenheit“. Zugleich wies er jedoch Vorschläge der Kommission zurück, das Zölibat und auch das Beichtgeheimnis zu lockern. Hart sagte: „Die Strafe für jeden Priester, der das Beichtgeheimnis bricht, ist die Exkommunikation.“
Die Kommission hatte vorgeschlagen, das Schweigegebot zu lockern, damit Priester Fälle sexuellen Missbrauchs anzeigen können, von denen sie imBeichtstuhl erfahren. Insgesamt regt sie mehr als 400 Änderungen an, damit es künftig weniger Opfer von sexueller Gewalt an Kindern gibt. Unter anderem soll Australien einen eigenen „Kinder-Minister“ und eine nationale Kinderschutzbehörde bekommen.
Premierminister Malcolm Turnbull berief eine Arbeitsgruppe ein, die die Umsetzung prüfen soll. Er sprach von einer „nationalen Tragödie“. Die Kommission war 2012 von der damaligen Premierministerin Julia Gillard eingerichtet worden, nachdem eine Reihe schwerer Missbrauchsfälle bekannt geworden waren. Die genaue Zahl von Opfern ist bis heute nicht bekannt. Geschätzt wird, dass etwa 60 000 Menschen Anspruch auf Entschädigung geltend machen können.
Wörtlich heißt es in dem Bericht: „Zehntausende Kinder in vielen australischen Einrichtungen wurden sexuell missbraucht.Die genaue Zahl werden wir nie wissen.“ Die Kosten der Untersuchung werden auf insgesamt etwa 500 Millionen australische Dollar (mehr als 320 MillionenEuro) geschätzt. (dpa)