Sebastian Kurz wird 14. Bundeskanzler der Zweiten Republik
Wien (APA) - Sebastian Kurz ist etwas gelungen, was in der ÖVP in den letzten Jahrzehnten die große Ausnahme war: Er ist - nach Wolfgang Sch...
Wien (APA) - Sebastian Kurz ist etwas gelungen, was in der ÖVP in den letzten Jahrzehnten die große Ausnahme war: Er ist - nach Wolfgang Schüssel - erst der zweite ÖVP-Bundeskanzler seit 1970. Bis dahin hatte die ÖVP alle vier Kanzler seit der ersten Wahl 1945 gestellt. Aber die sieben Kanzler ab 1970 waren Sozialdemokraten, ebenso der erste, „Staatskanzler“ Karl Renner in der provisorischen Regierung.
Rechnet man Renner dazu, ist Kurz also der 14. Regierungschef der Zweiten Republik. Andere Parteien kamen noch nie zum Zug, SPÖ und ÖVP teilten sich das Kanzleramt, bisher mit roter Dominanz: Die sieben SPÖ-Kanzler regierten fast 41 Jahre lang, die bisher fünf ÖVP-Kanzler 31 Jahre.
Hält sich Kurz zwei Perioden an der Spitze, kann er den Einstand schaffen - aber zum längst dienenden Kanzler fehlen ihm dann noch drei Jahre. Denn Bruno Kreisky (SPÖ) hielt sich von 1970 bis 1983 über 13 Jahre lang im Amt; er verfügte als bisher letzter Regierungschef über eine absolute Mehrheit im Nationalrat. An zweiter Stelle liegt sein SP-Kollege Franz Vranitzky (1986 bis 1997), dahinter folgen VP-Kanzler Julius Raab (1953 bis 1961) und Kerns Vorgänger Werner Faymann (2008 bis 2016).
Den wenig erfreulichen Titel des kürzest dienenden Kanzlers bekommt der jetzt abgelöste Christian Kern (SPÖ): Erst 2016 zum SPÖ-Chef und Kanzler aufgestiegen, hält er sich nur 580 Tage (bis 18.12.) in der Bundesregierung. Das ist noch kürzer als Alfred Gusenbauer, der mit 691 Tagen bisher die rote Laterne trug.
Kurze Amtszeiten hatten in aller Regel auch die Regierungschefs der krisengeschüttelten Ersten Republik. Erster Kanzler war auch hier Karl Renner (1918 bis 1920). Danach folgten Christlich-Soziale Regierungschefs bzw. Beamte in wechselnden Abfolgen. So regierte Ignaz Seipel von 1922 bis 1924 und dann wieder von 1926 bis 1929. Von 1933 bis 1938 folgte die Ständestaats-Diktatur unter Engelbert Dollfuß und Kurt Schuschnigg. Insgesamt zählt der „Amtskalender“ für die Jahre 1918 bis 1938 zwölf Regierungschefs. Dazu kommt noch der unmittelbar vor dem „Anschluss“ auf Druck Hitlers inthronisierte Nationalsozialist Arthur Seiß-Inquart als Nummer 13. Er wird im Amtskalender allerdings nicht mitgezählt.
Die Kanzler der Zweiten Republik und ihre Amtsdauer:
~ Angelobung Kanzler Partei Amtsdauer
Tage Jahre 27. 4.1945 Karl Renner * SPÖ 237 0,7 20.12.1945 Leopold Figl ÖVP 2.660 7,3
2. 4.1953 Julius Raab ÖVP 2.931 8,0 11. 4.1961 Alfons Gorbach ÖVP 1.087 3,0
2. 4.1964 Josef Klaus ÖVP 2.210 6,1 21. 4.1970 Bruno Kreisky SPÖ 4.781 13,1 24. 5.1983 Fred Sinowatz SPÖ 1.119 3,1 16. 6.1986 Franz Vranitzky SPÖ 3.879 10,6 28. 1.1997 Viktor Klima SPÖ 1.102 3,0
4. 2.2000 Wolfgang Schüssel ÖVP 2.533 6,9 11. 1.2007 Alfred Gusenbauer SPÖ 691 1,9
2.12.2008 Werner Faymann SPÖ 2.715 7,4 17. 5.2016 Christian Kern SPÖ 580 1,6
* „Staatskanzler“ der provisorischen Regierung ** Rücktritt am 9.5.2016, Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP)
provisorisch mit Fortführung der Geschäfte betraut ~
~ WEB http://www.spoe.at ~ APA013 2017-12-16/07:00