Regierungsprogramm: Bildung
Wien (APA) - Im Bildungsbereich setzt die neue Regierung auf die Einführung einer an bestimmte Kompetenzen geknüpften Bildungspflicht statt ...
Wien (APA) - Im Bildungsbereich setzt die neue Regierung auf die Einführung einer an bestimmte Kompetenzen geknüpften Bildungspflicht statt der bisher neunjährigen Schulpflicht, neue Leistungsüberprüfungen sowie den Erwerb von Deutschkenntnissen vor dem Eintritt in den Regelunterricht. Außerdem soll geprüft werden, inwieweit Sozialleistungen an die Einhaltung schulgesetzlicher Verpflichtungen gebunden werden.
Außerdem soll der Kindergartenbereich künftig ins Bildungsministerium wandern - wobei allerdings nur die Agenden des Bundes gemeint sind. Kompetenzrechtlich bleiben Kindergärten Ländersache, weshalb der Bund mit ihnen weiter Bund-Länder-Vereinbarungen abschließen muss. So soll etwa ein (schon länger geplanter) verbindlichen Bildungsrahmenplan für elementarpädagogische Einrichtungen erarbeitet werden. Ebenfalls realisiert werden soll das von der Vorgängerregierung zwar geplante, aber nicht verwirklichte zweite verpflichtende Kindergartenjahr - für Kinder mit Sprachproblemen bzw. mit anderen Auffälligkeiten.
Im Kindergarten soll es wie schon jetzt Sprachstandsfeststellungen geben - wer es benötigt, soll verbindlich Sprachförderung erhalten. Das Kindergartenpersonal soll höhere Standards für die Aus-, Fort- und Weiterbildung bekommen - insbesondere soll das Leitungspersonal eine tertiäre Ausbildung vorweisen. Kindergärten sollen außerdem einen „verbindlichen Wertekanon“ erhalten und die öffentliche Hand „verstärkte Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten“ bei etwaigen Verletzungen. Eher vage gehalten ist eine mögliche Senkung der Anzahl der Kinder pro Betreuungsperson: Die Gruppengrößen sollen „analysiert und weiterentwickelt“ werden.
Genauer geregelt werden soll der Besuch der Vorschule: Wie bisher sollen schulpflichtige Kinder, die aber noch nicht schulreif sind, eine Vorschulklasse besuchen. Allerdings soll ein neuer Katalog für Schulreife-Kriterien erarbeitet werden. Das allenfalls nötige Erlernen der Unterrichtssprache Deutsch soll außerhalb der Schulpflicht erfolgen.
Ganz generell müssen alle Neueinsteiger ins Regelschulwesen eine Sprachstandserhebung absolvieren. Wer nicht ausreichend Deutsch beherrscht, muss eine „Deutschklasse“ absolvieren. Für den Wechsel ins Regelschulwesen soll es „strenge Kriterien“ geben.
Beendet wird die verpflichtende Schullaufbahn nicht mehr wie bisher nach neun Jahren, sondern erst nach Erreichen bestimmter Kernkompetenzen (Lesen, Rechnen, Schreiben, soziale und kreative Kompetenzen). Wer diese nicht aufweist, muss nach Ende der neunten Schulstufe eine Förderklasse besuchen.
Schon davor soll es wie schon bisher zentrale Überprüfungen der Schülerleistungen durch die Erhebung der Bildungsstandards geben. Allerdings werden diese von der vierten und achten Schulstufe auf die dritte und siebente vorverlegt und um Talente-Checks für die weitere Wahl der Ausbildung erweitert. Außerdem werden sie nicht mehr wie bisher vom Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie) durchgeführt, das aufgelöst werden soll.
In Sachen Leistungsbeurteilung gibt es ein Bekenntnis zur fünfteiligen Notenskala von Sehr Gut bis Nicht Genügend. Alternative Beurteilungen können zusätzlich vergeben werden.
Die derzeit in diversen Gesetzen (Schulunterrichtsgesetz, Schulorganisationsgesetz etc.) enthaltenen schulrechtlichen Bestimmungen sollen künftig in einem einheitlichen Bundesbildungsgesetz aufgehen. Die ebenfalls weit verstreuten Gesetzesregelungen für die Lehrer kommen in ein neues Pädagogengesetz für alle Lehrer, Kindergartenpädagogen und Nachmittagsbetreuer - samt (allerdings nicht näher ausgeführten) „klaren Regelungen für die Anstellung, Bewertung (mit Konsequenzen und Verpflichtungen) und Kündigung von Lehrerinnen und Lehrern“ und einer „leistungs- und ergebnisorientierten Gestaltung der Besoldungssystematik“.
Änderungen werden auch bei AHS und Neuer Mittelschule (NMS) angekündigt. So sollen etwa mehr AHS-Unterstufen geschaffen werden. Außerdem sollen diese (wie auch die Oberstufen sowie BMHS) bei der Aufnahme von Schülern die „temporäre Möglichkeit von Eingangsverfahren“ erhalten - also stärker bei der Schüleraufnahme mitgestalten dürfen. Die NMS wiederum sollen unter anderem Leistungs- und Fördergruppen bilden können.
Reformiert werden soll die neunte Schulstufe - und zwar auch in Richtung eines vorbereitenden „Schultyps“ für eine weiterführende Lehr- und Facharbeiterausbildung. Neu aufgestellt werden sollen die berufsbildenden mittleren Schulen. Die bisherigen Schulversuche zum Ethikunterricht werden außerdem ins Regelschulwesen überführt: Wer keinen konfessionellen Religionsunterricht besucht, muss in den Ethikunterricht.
Grundsätzlich nicht angetastet werden Bereiche wie die Zentralmatura und das Schulautonomie-Paket. Hier werden nur Überprüfungen, Evaluierungen und Weiterentwicklungen in den Raum gestellt - grundsätzlich soll die Schulautonomie sogar erweitert werden. Weiter hinausgeschoben wird allerdings die Einführung der Neuen Oberstufe (NOST). „Staatskunde und Politische Bildung“ wird außerdem kein eigenes Fach, sondern in den Geschichtsunterricht ab der fünften Schulstufe integriert.
Vorgenommen hat man sich außerdem das Anbieten von Lernmodulen in einer „Sommerschule“ zur Entlastung der Eltern sowie die Einführung von einheitlichen Herbstferien. Verwaltungstechnisch setzt man auf die „Vereinheitlichung und Harmonisierung der Berechnungssysteme für die Zuteilung von Ressourcen an unterschiedliche Schultypen“ - das betrifft etwa die derzeit unterschiedlichen Systeme für Bundes- und Landeslehrer.
Erhalten bleiben soll die Sonderschule. Konsequenterweise plant die neue Koalition außerdem, die eigene sonderpädagogische Ausbildung wieder einzuführen. Schulpartnerschaftliche Gremien soll es künftig auch auf Landes- und Bundesebene geben.
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