„Schmutziger Deal“: Fujimori-Freilassung spaltet Peru

Lima (APA/dpa) - Der wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen zu 25 Jahren Haft verurteilte Ex-Präsident Perus, Alberto Fujimori, ist zu We...

Lima (APA/dpa) - Der wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen zu 25 Jahren Haft verurteilte Ex-Präsident Perus, Alberto Fujimori, ist zu Weihnachten überraschend begnadigt worden - dies hat massive Proteste im Land ausgelöst. Im Fokus der Kritik steht der aktuelle Präsident Pedro Pablo Kuczynski, der die Entscheidung aus „humanitären Gründen“ mit dem schlechten Gesundheitszustand Fujimoris begründete.

Kritiker werfen ihm einen „schmutzigen Deal“ mit Fujimoris Sohn vor: Dieser habe vergangene Woche dafür gesorgt, dass die Opposition nicht genug Stimmen für die Amtsenthebung Kuczynskis im Kongress zusammenbekam.

Fujimori war 2007 unter anderem als Mitverantwortlicher für 25 Morde während seiner Amtszeit (1990 bis 2000) verurteilt worden - und bekommt nun 15 der 25 Jahre Haft erlassen. Der Ex-Präsident gilt als herzkrank. Er war am Samstag ins Krankenhaus gebracht worden. Bei wütenden Protesten kam es zu Schlagstock- und Tränengaseinsätzen der Polizei in Lima, trotz des Weihnachtsfestes strömten Zehntausende auf die Straßen, einige mit Bildern von Opfern aus der Fujimori-Zeit. In sozialen Medien war vom „dunkelsten Heiligabend“ Perus die Rede.

Fujimori spaltet das wirtschaftlich aufstrebende und für seine exzellente Küche gerühmte Land bis heute - sein Sohn Kenji und vor allem seine Tochter Keiko ziehen die Fäden in der größten Oppositionspartei, der rechtspopulistischen Fuerza Popular (FP). Für die einen ist der Nachfahre japanischer Einwanderer der Garant für den Sieg über die maoistische Terrororganisation „Leuchtender Pfad“. Für die anderen ist der heute 79-Jährige ein korrupter Verbrecher.

In einer Videobotschaft aus dem Krankenhaus sagte der gezeichnete Fujimori im Beisein seines Sohnes Kenji: „Mit der Freiheit gibt es ein besseres Weihnachten“. Er streichelte den Kopf des Sohnes, dem er wohl die Begnadigung zu verdanken hat. Dieser sagte, der Vater bleibe noch einige Tage zur Behandlung in der Spezialstation des Hospitals.

Fujimori wird auch eine massive Korruption zur Last gelegt. Er ließ die Sicherheitskräfte rigoros gegen linke und angebliche subversive Kräfte vorgehen, das Parlament wurde entmachtet. Zudem wurden Zehntausende indigene Frauen zwangssterilisiert, um ihre Kinderzahl zu reduzieren: sie wurden als Entwicklungshemmnis für Peru gesehen.

Rosa Rojas, die Mutter eines Buben, der bei einem Fujimori zur Last gelegten Massaker starb, rief mit tränenerstickter Stimme vor dem Haus von Kuczynski: „Ich kann meinen Buben nicht vergessen, gerade nicht heute an Weihnachten“. Und fügte hinzu: „Herr Kuczynski, das ist nicht gerecht“. Kuczynski ist der Sohn eines vor den Nazis nach Peru geflüchteten deutschen Tropenarztes - wie Fujimori 79 Jahre alt.

Das Land steht vor einer Zerreißprobe - aber auch der Fujimori-Clan. Noch vor wenigen Tagen demonstrierten die Menschen für Kuczynski, da er auf Betreiben der von Fujimoris Tochter Keiko geführten Fuerza Popular (FP) des Amtes enthoben werden sollte. Die Rechtspopulistin hatte die Stichwahl 2016 gegen den liberalen Kuczynski verloren, der nach seinen Initialen „PPK“ genannt wird. Dem Präsidenten wurde eine Verwicklung in den Korruptionsskandal um den brasilianischen Baukonzern Odebrecht vorgeworfen, was er aber vehement bestritt.

Die Absetzung von Kuczynski galt eigentlich als sicher. Dann stimmten plötzlich nur 78 Abgeordnete am Donnerstagabend nach 14-stündiger Debatte dafür - neun Stimmen weniger als benötigt. Zur Schlüsselfigur wurde Fujimoris Sohn Kenji - er steht seinem Vater wesentlich näher als die Tochter. Er und neun weitere Abgeordnete der Fujimori-Partei enthielten sich - anders als erwartet. Angeblich soll im Gegenzug die Freilassung des Vaters zugesichert worden sein. Es könnte nun zum Machtkampf zwischen Kenji und Keiko kommen. Kenji könnte statt Keiko auch die nächste Präsidentschaftskandidatur übernehmen - mit dem Segen des Vaters.

Für den liberalen Kuczynski, der in Princeton und Oxford studiert hat und auf Freihandel setzt, kommt die Krise zur Unzeit: Mitte Jänner wird Papst Franziskus in Peru erwartet. Kenji Fujimori teilte mit: „Ich möchte im Namen der Familie Fujimori dem Präsidenten Kuczynski für die noble und große Geste danken.“ Während der Amtszeit von Vorgänger Ollanta Humala war eine Begnadigung abgelehnt worden.