Stichtag im Grenzstreit zwischen Slowenien und Kroatien

Ljubljana (APA) - Stichtag im Grenzstreit zwischen Slowenien und Kroatien: Am 29. Dezember läuft die sechsmonatige Frist aus, in der sich di...

Ljubljana (APA) - Stichtag im Grenzstreit zwischen Slowenien und Kroatien: Am 29. Dezember läuft die sechsmonatige Frist aus, in der sich die Nachbarländer auf die Umsetzung des internationalen Schiedsspruchs zur Festlegung von Landes-und Seegrenzen vorbereiten sollten. Alle Augen sind darauf gerichtet, was nach dem Fristablauf passiert. Während Slowenien handeln will, erkennt Kroatien das Urteil weiterhin nicht an.

Slowenien kündigte an, nach dem Fristablauf die Jurisdiktion über das zugesprochene Territorium zu übernehmen. Medienberichten zufolge soll Ljubljana schon am kommenden Samstag, also am Tag nach dem Fristablauf, damit beginnen, den neufestgelegten Grenzverlauf auch in die Praxis umzusetzen. Die slowenische Regierung hat vergangene Woche noch weitere notwendigen Rechtsvorschriften verabschiedet, was darauf schließen lässt, dass man mit der Umsetzung des Urteils nicht mehr länger warten wird.

Am sichtbarsten wird die neue Grenzziehung in der nördlichen Adria sein, wo Slowenien den Großteil der Bucht von Piran in Besitz nehmen wird. Dem Land wurden 80 Prozent der Bucht und ein Korridor zu den internationalen Gewässern eingeräumt. Die Seegrenze in der Adriabucht, die im ehemaligen Jugoslawien überhaupt nicht festgelegt war, ist aus Sicht von Ljubljana mit dem Schiedsspruch zweifellos fixiert.

In seinem Teil der Adria-Bucht will Slowenien nun seine Staatsgewalt ausüben. So werden kroatische Fischer für den gewerblichen Fischfang in slowenischen Gewässern künftig slowenische Lizenzen brauchen. Beim Verstoß werden slowenische Behörden Geldstrafen und Sanktionen verhängen, die im Einklang mit der gemeinsamen EU-Fischereipolitik festgelegt wurden.

Sloweniens Premier Miro Cerar versicherte mehrmals, keine Zwischenfälle mit dem Nachbarland auszulösen. Er machte jedoch auch klar, dass Slowenien seine Zuständigkeit in der Piran-Bucht ausüben werde. Gemeint sind Konflikte zwischen den Fischern und der Polizei der jeweiligen Länder, wie sie in vergangenen 26 Jahren immer wieder vorgekommen sind. Auch die EU-Kommission mahnte, jegliche Zwischenfälle zu vermeiden.

Die slowenischen Behörden wollen Grenzverletzer künftig nicht mehr nur abmahnen, wie das seit Verkündung des Schiedsspruchs gemacht wurde, sondern auch Sanktionen verhängen. Im vergangenen halben Jahr hat Ljubljana laut Medien mehr als 1.000 Zwischenfälle mit kroatischen Fischer- oder Polizeibooten in den slowenischen Gewässern verzeichnet.

An der 380 Kilometer langen Landgrenze mit Kroatien ist die Situation komplexer. Während die Seegrenze mit konkreten Koordinaten fixiert wurde, wurde der Verlauf am Land nur beschreibend festgelegt. Ausschlaggebend wurden dabei meist die bestehenden Katastergrenzen.

Ljubljana hat den Grenzverlauf zwar mit neuen Landkarten eingezeichnet, doch in der Natur muss die Grenzziehung noch vollzogen werden. Laut internationalem Recht müssen daran beide Länder teilnehmen. Ljubljana kündigte an, Zagreb die Gründung einer gemeinsamen Kommission zur Grenzziehung am Land vorzuschlagen. Eine Zusage Kroatiens erwartet man angesichts der ablehnenden Haltung aber nicht.

In einigen strittigen Punkten am Land profitierte Kroatien von den Verschiebungen. So erhielt Kroatien den strategisch bedeutenden Berg Trdinov vrh (kroatisch: Sveta Gera) im Südosten Sloweniens, wo sich ein Militärobjekt der slowenischen Armee befindet.

Slowenien hat für seine Staatsbürger, die nach dem neuen Grenzverlauf auf kroatischen Seite bleiben werden, bereits Vorkehrungen getroffen. Mit finanziellen Unterstützung des Staates können sie auf die slowenische Seite der Grenze umsiedeln. Einige Familien haben angekündigt, dies tun zu wollen.

Für Kroatien wird hingegen der 29. Dezember „ein Tag wie jeder andere“ sein, wie der kroatische Regierungschef Andrej Plenkovic bei einem Treffen mit Cerar vergangene Woche bekräftigte. Zagreb pocht auf eine bilaterale Lösung des seit mehr als ein viertel Jahrhundert schwelenden Grenzstreits, was Ljubljana ablehnt.