Bauchspeicheldrüsenkrebs 2 - Komplexe Tumorentwicklung
Wien (APA) - Die Symptome bei Bauchspeicheldrüsenkrebs sind unspezifisch. Das lässt oft erst spät einen Verdacht schöpfen. Ein Problem liegt...
Wien (APA) - Die Symptome bei Bauchspeicheldrüsenkrebs sind unspezifisch. Das lässt oft erst spät einen Verdacht schöpfen. Ein Problem liegt aber auch darin, dass die Bauchspeicheldrüse sehr zentral im Bauchraum liegt, hinter dem Magen, umgeben vom Darm. Darüber hinaus breiten sich die Krebszellen oft schnell in die Umgebung entlang von Blut- und Lymphgefäßen und Nervenscheiden aus.
Laut dem Chirurgen Martin Schindl (MedUni Wien/AKH) bedingen diese Umstände, dass bei erstellter Erstdiagnose zumeist schon zumindest Mikrometastasen vorliegen, wenn sich die Krebserkrankung nicht bereits auf die Leber oder andere Organe mit in der bildgebenden Diagnostik erkennbaren Tochtergeschwülsten ausgebreitet hat. Die Verbreitung der Tumorzellen geschieht auch entlang von Nerven.
Im vergangenen Jahrzehnt hat die Medizin rund um das Pankreaskarzinom deutliche Fortschritte gemacht. „Viele Patienten erhalten möglichst bald nach der Diagnose bei Vorliegen einer Erkrankung im fortgeschrittenen Stadium eine onkologische Therapie. Es stehen mittlerweile sieben verschiedene Chemotherapie-Substanzen zur Verfügung“, sagte Onkologe Gerald Prager. In immer mehr Fällen gelingt es damit, einen anfänglich nicht operablen Primärtumor operierbar zu machen und die Metastasen zurückzudrängen. Bei manchen Patienten werden bei der Operation bei entferntem Tumorgewebe keine vitalen Krebszellen mehr festgestellt.
5-Fluorouracil, Platin-Präparate, Nab-Paclitaxel, Irinotecan, Nal-Irinotecan, Gemcitabin und Erlotinib (gezieltes Therapeutikum) werden in der onkologischen Therapie verwendet. Das gilt auch für die adjuvante, also die unterstützende Therapie nach der Operation und für Patienten. Neue Ansätze in den vergangenen Jahren bedeuteten in Fettkügelchen (Liposome) oder Eiweißkügelchen eingeschlossene Zytostatika. „Damit kann man offenbar das Chemotherapeutikum leichter durch das umgebende Bindegewebe an die Karzinomzellen heranbringen“, sagte Prager.
Neue Ansätze untersuchen auch zusätzlich zur Chemotherapie verabreichte Enzyme, welche das den Tumor schützende Bindegewebe „antauen“ sollen. In bestimmten Fällen ist auch eine Strahlentherapie hilfreich. Derzeit laufen am Wiener AKH Studien sowohl zur möglichen Beeinflussung der Tumorumgebung, um die Effektivität der Chemotherapie zu erhöhen, als auch zur zusätzlichen Strahlentherapie noch vor der Operation.
„Es gelingt heute öfter, das Pankreaskarzinom von einer absolut tödlichen Erkrankung in eine chronische Erkrankung zu verwandeln. Für viele Patienten bedeutet das, dass sie im Verlauf ihrer Erkrankung pro Monat nur noch ein- oder zweimal an unserer Tagesklinik behandelt werden“, so Prager. Ein Erfolgserlebnis: Bei einem Patienten, bei dem das Pankreaskarzinom vor fünf Jahren zunächst inoperabel war, machte die Chemotherapie das Karzinom operierbar. Nach viereinhalb Jahren ohne Rückfall denken die Spezialisten jetzt daran, in sechs Monaten mit der Nachbeobachtung überhaupt aufzuhören. Der Patient dürfte geheilt sein.
Entscheidend ist die enge Zusammenarbeit aller Spezialisten, welche im Tumorboard für Pankreaskarzinom-Fälle im Rahmen des CCC von MedUni Wien und AKH regelmäßig das individuelle Vorgehen bei jedem einzelnen Patienten diskutieren. Operationen an der Bauchspeicheldrüse erfordern ein hohes Maß an Erfahrung und tägliche Routine. Es braucht ein eingespieltes Team, sowohl für die Beurteilung der Situation vor der Operation, Planung und Durchführung des Eingriffes selbst, als auch für die postoperative Betreuung.
Diese Art von Operationen gehört in dafür spezialisierte Zentren und sollte auch nur von darauf spezialisierten Chirurgen durchgeführt werden. In der Pankreaskarzinom Unit am AKH Wien werden jährlich mehr als 90 Operationen dieser Art durchgeführt. Damit ist es eines der Zentren mit der meisten Erfahrung in Österreich.
Durch die Verwendung moderner Instrumente für die Gewebedurchtrennung und Gefäßversiegelung wurden die Operationen außerdem schonender für den Körper, die Operationszeiten kürzer, Blutverluste auf ein Minimum reduziert. Die Sterblichkeit bei der Operation liegt bei unter drei Prozent, die Sterblichkeit innerhalb der ersten 30 Tage danach bei unter fünf Prozent“, sagte Schindl. Es ist keine Seltenheit, dass die Patienten eine Woche nach eine Pankreasoperation bereits nach Hause entlassen werden.
Da das Pankreaskarzinom ein hohes Rückfallrisiko in sich birgt, ist die Nachsorge besonders wichtig, um im Fall des Falles möglichst schnell reagieren zu können. „Mittlerweile haben wir in der Onkologie drei Therapieschienen, was ein längeres Kontinuum an Behandlungsmöglichkeiten erlaubt“, erläuterte Prager. Damit stehen die Chancen immer besser, dass die moderne Medizin auch die buchstäblich harte Nuss des Pankreaskarzinoms immer öfter knacken könnte.