Das Außerfern verliert einen Wohltäter: Henrik Wentzler ist tot
Henrik Wentzler ist im Zuge einer Operation in München gestorben. Die Ausnahmepersönlichkeit agierte als Wirtschaftsmäzen.
Von Helmut Mittermayr
Gaicht –Die Nachricht vom überraschenden Ableben Henrik Wentzlers sorgte für Trauer, Bestürzung und Fassungslosigkeit im Außerfern. Der 61-jährige Wahlaußerferner mit Wurzeln in Mannheim war im Zuge eines Eingriffs im Münchner Klinikum rechts der Isar am 22. Dezember verstorben. Wentzler war ein Spross eines großen deutschen Mischkonzerns in Familienhand mit 48.000 Mitarbeitern, der als Zulieferer in Automobil-, Maschinenbau-, Textil-, Bau- und Telekommunikationsindustrie tätig ist. Wentzler lebte im Außerfern und betrieb das Berggut Gaicht mit über 60 Pferden hoch über Weißenbach.
Im Bezirk Reutte tat sich der studierte Betriebswirt als Wirtschaftsmäzen hervor, wie man dies in dieser Form vorher wohl noch nie in Tirol gesehen hat. Er wollte in gewisser Weise zurückgeben, was ihm das Leben an Erfolg und Gutem geschenkt hat. Wentzler hatte in den vergangenen Jahren Geld bei heimischen Firmen angelegt, so manche auch gerettet. Den ehemaligen Karrieremenschen im Finanzbereich, der acht Jahre in den Vereinigten Staaten bei der größten Wirtschaftsprüferkanzlei des Landes und in der Papierindustrie gearbeitet hatte, mussten heimische Unternehmerpersönlichkeiten mit ihren Projekten überzeugen, selbst innovativ und ökologisch, langfristig und strategisch in die Zukunft planen. Wer das schaffte, dem stand Wentzler gerne bei. Er war ein offener Verfechter des Crowdfundings. Viele Kleine investieren in etwas Großes, erläuterte er sein Lieblingsmodell der stillen Beteiligungen ohne operativen Eingriff. Er hat im Bezirk Reutte unter anderem Kapital in der Elektrobranche, im Holzbau, in der Immobilienentwicklung und in Logistik- und Medienfertigungsunternehmen angelegt. Als „Mäzen“ sah er sich selbst nicht. Trotzdem wollte er nicht immer alle investierten Mittel zurückhaben. Manchmal gab er auch „umsonst“, wie er selbst sagte. Wobei noch keine einzige Investition umsonst gewesen sei. Er habe viel zurückbekommen, etwa Freundschaften.
Kleider mögen vielleicht Leute machen, aber noch keine Millionäre. Wenn Henrik Wentzler auf seinem Reiterhof am Bagger saß, sah ihm niemand sein Vermögen an. Der Deutsche musste Dinge in die Hand nehmen können, war ein haptischer „Begriffs“-Mensch. Büroarbeiten waren ihm eigentlich zuwider, hoch am Traktor fühlte er das Leben pochen. Dresscode und der bloße Schein waren dem Jagdmann jedenfalls gänzlich unwichtig.
Sein Leuchtturmprojekt, erst vor wenigen Tagen ins Finale gegangen, war der von ihm kreierte Tiroler Lech Funding Contest. Damit wollte Henrik Wentzler nachhaltige Unternehmensideen im Außerfern und Allgäu auf den Weg bringen – mit seiner kräftigen finanziellen oder ideellen Unterstützung (nicht völlig unähnlich der erfolgreichen Castingshow „Die Höhle des Löwen“). Acht Gewinner wurden Mitte November der Öffentlichkeit präsentiert. Sie freuten sich über Markteinschätzungen, Netzwerke, Vertriebsunterstützung und teils monetäre Hilfe, die Wentzler den Jungunternehmern in Aussicht gestellt hatte. Wie es jetzt – so kurz nach dem Tod des Pioniers, der zwei erwachsene Kinder hinterlässt – weitergeht, weiß noch niemand. Aus Familienkreisen wurde Betroffenen im Außerfern zumindest Prinzipielles signalisiert: nämlich, dass das Werk und die Ideen Henrik Wentzlers in seinem Sinne fortgeführt werden sollen.