Ein Eidgenosse der Moderne
Der Schweizer Monumentalmaler Ferdinand Hodler und seine Wiener „Wahlverwandtschaften“ im Leopold Museum.
Von Ivona Jelcic
Wien –„Die Wiener haben mir nun aus dem Dreck herausgeholfen“, berichtet Ferdinand Hodler, zu diesem Zeitpunkt bereits 51 Jahre alt, nach seinem durchschlagenden Erfolg auf der Secessionsausstellung 1904 nach Hause in die Schweiz. Einer hat mit der allgemeinen Hodler-Verehrung jedoch wenig Freude: Albin Egger-Lienz, der sich wenige Jahre zuvor in Wien niedergelassen hat, sieht sich in seiner selbst zugeschriebenen Position als wichtigster Monumentalmaler bedroht und startet 1912 mit seinem Freund Otto Kunz eine Pressekampagne gegen den Rivalen, die als „Hodlerstreit“ in die Geschichtsschreibung eingehen soll. Dass das, worüber Egger verbal wütet bzw. Kunz wüten lässt, ihm selbst nur allzu nahe liegt, lässt sich im Leopold Museum in einem eigenen Raum nachbetrachten.
Im Vordergrund dieser ersten großen Wiener Hodler-Retrospektive, der intensive wissenschaftliche Forschungen vorausgingen, stehen jedoch die „Wahlverwandtschaften von Klimt bis Schiele“, jener Wiener Künstlerkollegen also, die mit Hodler gemeinsam am Strang der Moderne gezogen haben – und mit denen er das Todesjahr 1918 teilt. Insofern darf man die Schau auch als Auftakt zum Klimt-Schiele-Moser-Jahr 2018 ansehen. Von Klimt erhielt Hodler die erste Ausstellungseinladung nach Wien, punkto künstlerischer Wahlverwandtschaften wird zum Beispiel schön Schieles Auseinandersetzung mit Hodlers Werk herausgearbeitet.
Steht Hodlers mit brachial-heroischem Pathos ausgestatteter „Wilhelm Tell“ von 1896/97 noch für den Schweizer Monumental- und Nationalmaler, verkörpern seine symbolistischen Figurenkompositionen den Geist einer neuen Epoche. Immer weiter in die Reduktion ging Hodler in seinen letzten Landschaften – Blicke aus seinem Fenster auf den Genfer See: „Mehr als je begleitet die Farbe nicht nur die Form, sondern die Form lebt, kurvt durch die Farbe“, bemerkte er dazu. Diesem Leben gegenüber steht in einem in der Schau eingerichteten, letzten „Sterbezimmer“ der Tod: In einem berührenden Zyklus aus Zeichnungen und Gemälden hat der Künstler das Sterben seiner Geliebten Valentine Godé-Darel begleitet. Bis 22. Jänner.